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Tschechische Kartoffel ist brandenburgisch

Finanzminister, Botschafter und Schriftsteller sprechen über vielfältige Beziehungen

  • Matthias Krauß, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

»Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass meine Eltern meine Schwester und mich in den Trabi gepackt haben und wir nach Böhmen gefahren sind.« Das erzählt Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) vor etwa 70 Gästen. Im Potsdam-Museum tauscht sie sich bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem tschechischen Botschafter Tomas Kafka und dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš aus.

»Dass wir Tschechen Osteuropäer sein sollen, habe ich erstmals in München erfahren«, erzählt Schriftsteller Rudiš. Er beteuert, »dass uns viel mehr mit Brandenburg verbindet« als mit dem eigentlichen Osteuropa. Das tschechische Wort für Kartoffel (»Brambor«) leite sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von »die Brandenburgische« ab, weil die aus Südamerika eingeführten Kartoffeln von Preußen aus in anderen Ländern Verbreitung fanden. Rudiš spricht davon, dass die teils brandenburgische, teils sächsische Lausitz, »der wir uns nah fühlen«, in der Nachbarschaft von Böhmen liege. Die Stadtwappen von Görlitz, Löbau und Zittau im sächsischen Teil zeigen bis heute den böhmischen Löwen. Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam hat auch eine tschechische Geschichte, denn es waren böhmische Weber und Tuchmacher, die sich im benachbarten Dorf Nowawes, dem heutigen Stadtteil Babelsberg, ansiedelten und das Rückgrat der preußischen Uniformindustrie bildeten.

Doch ist die aktuelle Lage aus dem Gedankenaustausch nicht zu verbannen. Der freiwillige Verzicht Deutschlands auf russisches Erdöl »wird in Brandenburg zunehmend kritisch gesehen«, sagt Finanzministerin Lange. Sie empfiehlt, bei den Reaktionen auf den russischen Angriff auf die Ukraine »bei der einen oder anderen Sache eine Minute länger nachzudenken« und sich über die Konsequenzen im Klaren zu sein. Angesichts explodierender Gaspreise spricht Lange von einer »schleichenden Enteignung«. Das Entlastungspaket des Bundes bekämpfe nur die Symptome, löse aber das Problem nicht.

Die Tschechische Republik übernimmt jetzt von der französischen den EU-Ratsvorsitz. »Die Franzosen waren eher für Visionen zuständig, wir werden uns der Gegenwart stellen«, kündigt Botschafter Kafka an. Die EU müsse sich nicht nur als funktionsfähig, sondern vor allem als widerstandsfähig erweisen. Die »guten alten Zeiten der Globalisierung« seien vorbei.

Meinungsäußerungen aus dem Publikum lassen Sorgen erkennen und Zweifel, dass die Waffenlieferungen an die Ukraine richtig sind. Botschafter Kafka stellt sich aber ohne Wenn und Aber hinter diese Unterstützung der Ukraine. Russland exportiere Chaos, Brutalität und Konfrontation und werde sich nicht auf die Ukraine beschränken. Präsident Wladimir Putin werde nicht aufhören. »Das hatten wir in den 30er Jahren mit Hitler.« Man müsse entschlossen handeln. Wer in der gegenwärtigen Lage Kompromisse suche, gerate in die Gefahr, »an die Wand gedrückt« zu werden und ihm bleibe dann der zweifelhafte Ausweg, »von China korrumpiert und von Russland beschützt« zu werden.

»Ich sehe mit großem Befremden, dass junge Menschen sehr viel eifriger für Waffenlieferungen sind als andere Teile der Bevölkerung«, bemerkt ein älterer Herr aus dem Publikum. Botschafter Kafka tröstet: »Vielleicht wird ein Wunder geschehen und der Krieg ist in ein paar Wochen vorbei.«

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