- Politik
- Wahl in Niedersachsen
Energiereicher Wahlkampf
Welche Antworten die niedersächsischen Parteien auf die Energiekrise geben
Noch vor wenigen Wochen hatte Bernd Althusmann, CDU-Landeschef und stellvertretender Ministerpräsident, bei einem Besuch in der Provinz betont: Die Energiekrise sei kein Thema, mit dem Wahlkampf gemacht werden solle. Der Christdemokrat schien sich darin einig zu sein mit Regierungschef Stephan Weil (SPD), den er ablösen möchte. Doch spätestens seit Bundeskanzler Olaf Scholz den »Wumms« aus Energiepreisdeckel, Gasumlage-Aus und Mehrwertsteuer-Senkung verkündet hat, war es mit der Zurückhaltung der beiden Noch-Koalitionspartner Weil und Althusmann vorbei.
Doch auch schon vor dem »Wumms« aus Berlin hatte Weil ein Milliardenversprechen aus dem Wahlgeschenk-Füllhorn gezogen, als er ankündigte: Wenn ich wiedergewählt werde, sorge ich dafür, dass vom Land eine Milliarde Euro zur wirtschaftlichen Entlastung der Niedersachsen auf den Weg gebracht werden. Und auf der Homepage der SPD im zweitgrößten Bundesland ist neben dem Foto eines energisch vom Rednerpult blickenden Spitzenkandidaten zu lesen: »Eine Milliarde Euro und Stephan Weils Gaspreisbremse gegen die Folgen der Energiekrise.« Klar, es ist die Preisbremse der Ampel-Koalition im Bund, aber Weil hatte tatsächlich schon vor deren Ankündigung Hilfe des Staates für Gas- und Stromkunden gefordert mit dem Hinweis darauf, dass es in Niedersachsen mehr als eine Million Menschen gebe, die sich mit ihren Einkommen in der Nähe der Armutsgrenze befinden.
In puncto alternative Versorgung setzen Weil und Genossen auf erneuerbare Energien. Wenn deren Ausbau lange dauere, sei das auf bürokratische Verfahren zurückzuführen. Die SPD verspricht daher, diese Verfahren zu vereinfachen.
Auch Althusmann hat das Thema Energieversorgung mit auf seine Wahlkampfreisen genommen. Düstere Worte beim Blick in die Zukunft wählte der Spitzenkandidat im NDR: Ein Viertel der Bevölkerung könnte von Energiearmut in Deutschland bedroht sein. Diese Entwicklung werde den gesellschaftlichen Zusammenhalt besonders herausfordern. Althusmann, dessen Partei Photovoltaik, Windkraft und Geothermie sowie Biomasse im Fokus hat, sieht in der aktuellen Situation auch die womöglich größte »Wirtschafts- und Energiekrise Deutschlands«. Zur Stärkung der Energieversorgung, so postulieren die Christdemokraten, dürften auch die eigenen Gasvorkommen nicht vergessen werden. Zudem sieht die CDU im Ausbau der Häfen ein gutes Instrument, um Flüssiggas und mittelfristig Wasserstoff heranzuschaffen.
Auf dem Wunschzettel der Grünen in Niedersachsen steht ein »Energiewendefonds«. Das Geld soll der Anschubfinanzierung dienen und Anfangshürden bei der Planung überwinden helfen. Zu den Projekten, welche das Wohlgefallen der Grünen finden, zählt die Tiefen-Geothermie, abgelehnt von ihnen wird dagegen der Bau von LNG-Terminals. Stattdessen sollten Wasserstoff-Terminals geschaffen werden. Dabei seien erneuerbare Energien neben einem reduzierten Verbrauch »der Schlüssel zum Überwinden der Energiekrise«, so die Grünen.
Favoriten bei der FDP für die weitere Zukunft sind Windkraft, Photovoltaik, Gezeitenkraftwerke und: Aktuell postulieren die Liberalen im Internet auf ihrer Niedersachsenseite »Atomkraft – Wer FDP wählt, wählt sichere Stromversorgung«. Der vorübergehende Weiterbetrieb der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke über den 31. Dezember 2022 hinaus würde die Gasverstromung reduzieren und einen zentralen Beitrag zur Sicherung der Stromversorgung liefern. Ein Weiterbetrieb würde nicht nur den Bedarf an knappem Erdgas spürbar senken, sondern auch dämpfend auf die Strompreise wirken. Die Vorkehrungen für den Weiterbetrieb müssten unverzüglich getroffen werden, erklärt die Partei.
Die AfD meint, dass »die verfehlte Politik in Deutschland« verantwortlich sei für die Energiekrise. Den Ausbau erneuerbarer Energien lehnt die Rechtspartei ab.
Die Linke, die derzeit nicht im Landtag vertreten ist, stellt fest, dass die derzeitige Inflation maßgeblich »energiepreisgetrieben« sei, und betont: »Die Energiewende ist auch Sozialpolitik.« Die Partei verfolgt das Ziel, die Gewinnung von Energie so zu gestalten, dass sie ausschließlich aus erneuerbaren Quellen erfolgt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.