Beteiligung als Farce

Runder Tisch zur umstrittenen Kotti-Wache in Kreuzberg kommt am Freitag zusammen – dabei ist schon alles entschieden

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 4 Min.

»Es ist absurd, mit welcher Betonpolitik die Innenverwaltung hier Entscheidungen über die Köpfe der Menschen hinweg am Kotti trifft«, sagt Elif Eralp, Sprecherin für Antidiskriminierung der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Trotz der schon vor Monaten erhobenen Forderung nach einem Runden Tisch zur geplanten Polizeiwache am Kottbusser Tor findet dieser nun erst an diesem Freitag statt – obwohl die Umbauarbeiten im Hochhaus Zentrum Kreuzberg längst laufen.

»Ziel dieses Runden Tisches ist die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie, die sowohl von den Anwohnenden, Gewerbetreibenden, dem Bezirksamt als auch von den zuständigen Senatsverwaltungen mitgetragen wird«, heißt es in einer noch unveröffentlichten Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage von Eralp und ihren Fraktionskollegen Niklas Schrader und Ferat Koçak, die »nd« vorab vorliegt. »Das hätte es schon viel früher geben müssen, sodass die Einwände von Anwohner*innen und anderen Akteur*innen vor Ort gegen den Standort der Wache noch hätten berücksichtigt werden können«, kritisiert Eralp.

Seit Monaten wird gegen die geplante Polizeiwache im Gebäuderiegel über der Adalbertstraße protestiert. Diese soll bereits Anfang kommenden Jahres in Betrieb gehen. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will mit der Wache die Polizeipräsenz vor Ort erhöhen und begründete die Notwendigkeit wiederholt mit der Kriminalitätsbelastung rund um das Kottbusser Tor. Anwohner und Initiativen kritisieren nicht nur die Kosten für die Umbauarbeiten in Höhe von 3,5 Millionen Euro. Auch der Standort inmitten eines Wohnblocks und die fehlende Beteiligung der Anwohner sorgen für Unmut. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg hatte bereits im Mai einen Runden Tisch eingefordert. Auch der Mieterbeirat des Zentrums Kreuzberg forderte, dass mit den Baumaßnahmen nicht vor Gesprächen begonnen wird.

Doch Innensenatorin Spranger hat von Beginn an klargestellt, dass sie bei der Kotti-Wache »schnell Nägel mit Köpfen« machen will. »Seit sieben Jahren wird diskutiert, wir sollten endlich konkrete Fortschritte machen«, sagte Spranger im Juni. Die Studie zum Sicherheitsempfinden der Anwohner, die der Bezirk in Auftrag gegeben hatte und die sich überwiegend kritisch zu einer Polizeiwache positionierte, wurde dabei weder bei der Frage berücksichtigt, ob eine Polizeiwache entsteht, noch wo sie entstehen soll. Das bestätigt die Senatsinnenverwaltung in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage der Linken. Elif Eralp nennt das ein »Armutszeugnis«.

Zwar steht der Standort der Wache nicht zur Debatte. Doch Iris Spranger kündigte Gespräche über das Konzept für den Standort an, bei denen neben der Polizeiwache auch die Aufenthaltsqualität am Kottbusser Tor Thema sein solle. Ein »Auftakttreffen mit allen Beteiligten« sei für August geplant, hieß es im Juni. Gestartet sind im August aber lediglich die Baumaßnahmen.

Und auch wenn nun für Freitag mit ordentlich Verspätung zu einem Runden Tisch eingeladen wird, werden trotzdem nicht alle Akteure dabei sein. »Die morgige Veranstaltung der Innensenatorin ist bisher weder transparent noch partizipativ«, kritisiert Silvia Rothmund von der Grünen-Fraktion in der BVV. Es fehlten relevante zivilgesellschaftliche Initiativen wie auch sämtliche Fraktionen des Bezirksparlaments auf der Einladungsliste. Das Bezirksamt soll lediglich mit einer Person vertreten sein, obwohl die Kotti-Wache die Arbeit mehrerer Stadträte beträfe.

Auch dass weder die Einladungsliste noch die Veranstaltung selbst öffentlich bekannt gemacht wurde, stößt ihr auf. »Der Runde Tisch darf keine Alibiveranstaltung werden«, fordert Rothmund. »Ein Treffen ohne die Einbeziehung aller Akteur*innen am Kotti ist aus unserer Sicht kein echtes Beteiligungsformat.« Für sie kann das Treffen am Freitag nur der Auftakt weiterer Beteiligungsformate sein, die dann nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Wie viele Folgetermine es geben wird, werde beim Treffen am Freitag besprochen, teilt die Innenverwaltung auf nd-Anfrage mit. Das Haus von Senatorin Spranger widerspricht in diesem Zusammenhang auch der Darstellung der Grünen. Neben Spranger selbst seien zu dem Treffen am Freitag »alle relevanten Initiativen rund um das Kottbusser Tor, das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, der Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung sowie Politiker*innen aller Fraktionen des Abgeordnetenhauses« eingeladen worden, heißt es.

In den kommenden Monaten wird es für die Anwohner durch die Baumaßnahmen zu Einschränkungen kommen. Über baustellentypische Maßnahmen, wie das Aufstellen von Baugerüsten, hinausgehende Einschränkungen seien noch nicht »prognostizierbar«, schreibt die Senatsinnenverwaltung in ihrer Antwort auf die Linke-Anfrage. Für Brandschutzarbeiten muss allerdings die Decke eines Restaurants im Erdgeschoss der Adalbertstraße geöffnet werden. Ein Termin werde in »Absprache mit dem Betreiber« gefunden. Bleibt zu hoffen, dass die Absprache am Ende nicht wie die gesamte Beteiligung für die Kotti-Wache ausfällt.

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