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Rechte Kaderschmiede will Kohle
Forderungen nach einem Stiftungsgesetz werden immer drängender
Wenn das Bundesverfassungsgericht in zwei Wochen über eine Klage der AfD zur staatlichen Förderung politischer Stiftungen verhandeln wird, kann die Partei definitiv nicht mehr behaupten, grundsätzlich anders als die anderen sein zu wollen. Dabei ist es nur wenige Jahre her, da wollte die AfD das System komplett umkrempeln, wie die extreme Rechte häufig tönt. Noch im Sommer 2018 rang die AfD mit sich, ob überhaupt eine parteinahe Stiftung zu akzeptieren sei. Im Grundsatzprogramm von 2016 war man der festen Überzeugung, die Stiftungsfinanzierung abschaffen zu müssen, weil es sich um eine Form verdeckter Parteienfinanzierung handele. Längst ist die AfD von dieser Position abgerückt, die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) als parteinah anerkannt und im Grundsatzprogramm fordert die Partei nur noch, »die gesamte staatliche Parteienfinanzierung auf eine neue gesetzliche Grundlage« zu stellen. Die Karlsruher Klage hat zuvorderst einen anderen Zweck: Auch die DES will endlich Staatsgelder erhalten.
Dass die AfD-nahe Stiftung bisher keine Förderung durch den Bund erhält, hat aktuell mit einem unter Jurist*innen umstrittenen Kniff der Regierungskoalition zu tun. Im Bundeshaushalt 2022 ist an entsprechender Stelle ein Vermerk angefügt, der dazu führt, dass die DES keine Mittel bekommt. Wörtlich heißt es, sogenannte Globalzuschüsse für politische Stiftungen »dürfen nicht gewährt werden, wenn begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen oder Beschäftigten bestehen«. Berechtigte Zweifel, dass die DES auf dem Boden der Demokratie steht, gibt es zahlreiche, allerdings auch, ob es sich die demokratischen Parteien im Bundestag mit dem Ausschluss der AfD-nahen Stiftung aus der staatlichen Finanzierung mittels eines Haushaltsvermerks derart einfach machen dürfen.
In einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag wird dann auch auf die Empfehlung einer Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung verwiesen, die schon 1993 anmahnte, die Mittelvergabe an parteinahe Stiftungen gesetzlich zu regeln. Bisher lag dies weitestgehend in den Händen des Haushaltsausschusses, grobe Eckpunkte sind in einer »gemeinsamen Erklärung zur staatlichen Finanzierung der politischen Stiftungen« festgehalten. Darin steht angelehnt an ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1986, förderfähig sei eine politische Grundströmung, die sich dauerhaft etabliert habe. Anhaltspunkt dafür sei, ob eine der Stiftung nahestehende Partei über »eine wiederholte Vertretung, dabei zumindest einmal in Fraktionsstärke« im Bundestag verfüge. Genau darauf beruft sich die AfD bei ihrer Klage in Karlsruhe und pocht auf Gleichbehandlung.
Die aktuelle rechtliche Lösung sei dann auch »die schlechteste«, meint Martina Renner, Innenexpertin der Linksfraktion im Bundestag. Am Dienstag lud die Fraktion zu einer Online-Diskussionsrunde zur Frage, wie mit den Begehrlichkeiten der DES umgegangen werden kann. Einigkeit herrschte über die Notwendigkeit eines Gesetzes, um die Stiftungsförderung juristisch sauber zu regeln. Alle geladenen Expert*innen rechnen damit, dass das Bundesverfassungsgericht genau dies in einem Urteil anmahnen dürfte. Die bisherige Lösung habe nur funktioniert, weil sich die demokratischen Fraktionen im Bundestag lange einig gewesen seien. Mit der AfD kam ab 2017 jedoch eine politische Kraft hinzu, die alle anderen seitdem auf eine Belastungsprobe stellt. Victoria Gulde vom Kampagnennetzwerk Campact kritisiert, wie viel Zeit auf dem Weg zu einem Stiftungsgesetz verschwendet worden sei. »Mit einem Mindestmaß an politischer Weitsicht konnte man sehen, dass das Thema problematisch ist«, so Gulde. Campact startete gemeinsam mit der Bildungsstätte Anne Frank aus Frankfurt am Main vergangenes Jahr eine Kampagne mit dem Ziel, die AfD-nahe DES aus der staatlichen Finanzierung herauszuhalten. Eine dazugehörige Petition fand über 270 000 Unterstützer*innen.
»Es geht um Zerstörung«: Was würde es für die demokratische Wissenschaftslandschaft bedeuten, wenn die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung Mittel des Bundeshaushalts bekäme?
Zunächst kam Bewegung in die Sache. Der frühere Grünen-Abgeordnete Volker Beck legte im April 2021 einen Vorschlag vor, wonach politische Stiftungen nur noch staatlich finanziert werden sollten, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv unterstützten. Aus der Grünen-Bundestagsfraktion kamen damals Signale, sich für ein Stiftungsgesetz einzusetzen, das Vorhaben findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder. Seitdem ist nichts passiert. Zuletzt hatte der »Spiegel« im Juli vermeldet, die SPD trete auf die Bremse. Tatsächlich sei das Thema in keiner Partei und Bundestagsfraktion populär, sagt auch Renner. Schließlich gehe es um eine jährliche Gesamtfördersumme von über 500 Millionen Euro für die parteinahen Stiftungen. Ein Gesetz sei aber wichtig: »Wir gewinnen Legitimation und Wirken dem Eindruck entgegen, es würde sich um einen Selbstbedienungsladen handeln.«
Die Krux sei dann auch die konkrete Ausgestaltung, mahnt Julika Bürgin, Professorin am Fachbereich Soziale Arbeit der Universität Darmstadt und Expertin für politische Bildungsarbeit. Sie meldet Zweifel an, ob ein Stiftungsgesetz so formuliert werden könne, dass es staatliche Mittel für die DES ausschließe, gleichzeitig aber nicht irgendwann auch gegen andere parteinahe Stiftungen angewendet werden könnte. Schließlich gibt es genug Beispiele, wie etwa der Extremismusvorwurf von staatlichen Stellen genutzt wurde, um auch tendenziell linken Organisationen zu schaden. Wichtig ist es laut Bürgin, in einem Gesetzprozess unbedingt auf Expert*innen aus dem Bereich der politischen Bildung zu hören.
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