Die Rückkehr des Staatsdieners

Spätestens im Januar will Berlin alle Hürden bei der Lehrkräfteverbeamtung beseitigt haben

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 4 Min.

Berlins Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty (SPD) ist froh gestimmt. »Die gute Nachricht ist, dass die Verbeamtung von bis zu 16.000 Lehrkräften nun Formen annimmt. Der Senat wird sich hier an seine Zusagen halten«, sagt Slotty am Mittwoch bei der Vorstellung der Eckpunkte eines entsprechenden Gesetzentwurfes, mit dem Berlin endgültig zur vor fast zwei Jahrzehnten abgeschafften Verbeamtung seiner Lehrerinnen und Lehrer zurückkehren will.

Der im Haus von Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) erarbeitete Entwurf für das Lehrkräfteverbeamtungsgesetz geht jetzt in das Beteiligungs- und Anhörungsverfahren unter Einbeziehung der Gewerkschaft, Verbände und Fachgremien. Im Anschluss soll Ende November der Senat grünes Licht zum Entwurf geben und damit das parlamentarische Verfahren eröffnen. Spätestens im Januar – und damit noch kurz vor den außerordentlich wahrscheinlichen Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus wenige Wochen darauf – soll das Gesetzespaket dann im Parlament verabschiedet werden.

Ein Zeitplan, der insgesamt als durchaus knackig bezeichnet werden darf. Zumal die finale Phase ausgerechnet in die Zeit eines kurzen, aber vermutlich umso heftigeren Wahlkampfs fallen wird, auch innerhalb der rot-grün-roten Koalition. Busses Staatssekretär Slotty ist dennoch zuversichtlich, »dass wir im Januar, beginnend mit dem voraussichtlichen Beschluss des Abgeordnetenhauses, mit der Verbeamtung loslegen werden«. Bereits im Dezember soll das dazugehörige »Online-Beantragungsverfahren« für die Bestandslehrkräfte freigeschaltet werden.

Um die genaue Ausgestaltung der Rückkehrpläne war zuletzt noch einmal ordentlich gerungen worden. Slotty spricht zurückhaltend vom »Gesprächsbedarf« mit der Senatsfinanzverwaltung. Hauptstreitpunkt war hier die bis Ende 2026 befristete und ausschließlich auf Lehrkräfte beschränkte Anhebung der Altersgrenze zur Verbeamtung von 45 auf 52 Jahre. Die Verwaltung von Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) hatte offenbar erhebliche Zweifel, ob die Anhebung – auch aufgrund des Ausschlusses anderer Berufsgruppen – rechtssicher möglich ist. Die Bildungsverwaltung sah und sieht das anders. »Das ist ein enormer Gerechtigkeitsaspekt«, sagt Alexander Slotty. Etwa 4000 Lehrerinnen und Lehrer über 45 Jahre hätten ansonsten in Sachen Verbeamtung in die Röhre geschaut.

Der Zwist um die Altersgrenze ist mittlerweile entschieden, und zwar zugunsten der Bildungsverwaltung. »Da haben wir uns dann letztlich auch durchgesetzt im Senat«, bestätigt Busses Abteilungsleiter Thomas Duveneck. Alle Lehrkräfte, die bis zum 31. Juli kommenden Jahres 52 werden, können demnach die Übernahme in den Beamtenstatus beantragen. »Das sind sensationelle Regelungen«, sagt Duveneck. Schließlich werde auf Änderungswünsche im Beamtenrecht in der Regel eher restriktiv reagiert.

Nicht ganz so sensationell abgeräumt ist dagegen die Frage nach dem im rot-grün-roten Koalitionsvertrag verankerten Nachteilsausgleich für alle Lehrkräfte, die aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen nicht verbeamtet werden können oder aus freien Stücken einfach nicht verbeamtet werden wollen. Selbst mit der 52-Jahre-Regel umfasst nach Angaben der Bildungsverwaltung allein die erstgenannte Gruppe immer noch fast 5000 Beschäftigte. Und klar ist nun schon länger, dass deren Nichtverbeamtung mit Geld versüßt werden soll.

Das Problem dabei: Diesem Zuschlag sind enge Grenzen gesetzt. Denn innerhalb der normalen Lehrkräfte-Gehaltsstufe, der Entgeltgruppe 13, soll lediglich eine neue Beförderungsstufe geschaffen werden. Konsequenterweise kann das Gehalt hier aber nicht höher liegen als in der nächsten Entgeltstufe 14, mit der zusätzliche schulische Aufgaben verbunden sind. Da die Differenz zwischen Entgeltstufe 13 und 14 nur etwa 400 Euro beträgt, dürfte sich der Ausgleich aufgrund »des Abstandsgebots zur nächsten Gruppe« also ein gutes Stück darunter bewegen, so SPD-Staatsekretär Slotty. Im Raum stehen 200 Euro – zu wenig, sagen Kritiker.

Die Angelegenheit ist damit nicht nur knifflig. Sie ist auch nicht Teil des jetzt vorgelegten Entwurfs zum Lehrkräfteverbeamtungsgesetz. Vielmehr sollen die Koalitionsfraktionen im Abgeordnetenhaus die Höhe des Nachteilsausgleichs unter sich klären und dann im Parlament einen Änderungsantrag zum Gesetz einbringen. Böse Zungen behaupten, die Bildungsverwaltung hätte sich angesichts erwartbarer Konflikte mit der Gewerkschaft auf diese Weise bequem eines potenziell verminten Geländes entledigt. Unsinn, sagt Slotty: »Das finde ich gar nicht so ungewöhnlich, sondern im Rahmen der politischen Aufgabenteilung sogar sinnvoll.«

Der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schwant hingegen nichts Gutes. »Was die Höhe des Nachteilsausgleichs betrifft, will sich keiner im Senat aus dem Fenster lehnen«, sagt Berlins GEW-Chef Tom Erdmann zu »nd«. Er befürchtet, »dass es in den Koalitionsfraktionen nun zu einem Kuhhandel kommt, bei dem am Ende nichts Ausreichendes für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen rausspringt.«

Den generellen, zum Teil auch erbitterten Widerstand gegen das nicht zuletzt von der Berliner SPD forcierte Zurück-in-die-Vergangenheit bei der Lehrkräfteverbeamtung hat die GEW inzwischen weitgehend aufgegeben. »Die Argumente sind ausgetauscht«, sagt Gewerkschafter Erdmann. Jetzt geht es darum, möglichst viel für diejenigen herauszuholen, die nicht verbeamtet werden können oder von selbst dankend ablehnen.

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