Starlink fällt aus

Probleme mit Elon Musks Satellitensystem werfen Fragen auf

  • Marcel Richters
  • Lesedauer: 3 Min.
Start einer Rakete mit Starlink-Satelliten vom US-Raumfahrtbahnhof Cape Canaveral in Florida am 24. September
Start einer Rakete mit Starlink-Satelliten vom US-Raumfahrtbahnhof Cape Canaveral in Florida am 24. September

Die Begeisterung bei den ukrainischen Streitkräften war groß, als kurz nach Beginn des russischen Überfalls die ersten Starlink-Terminals eintrafen. Multimilliardär Elon Musk konnte sich als Gönner gerieren, denn sein Unternehmen Space-X hatte einen erheblichen Teil der Geräte gespendet. Diese dienen dem Militär dazu, auch auf dem Schlachtfeld auf Breitbandinternet zuzugreifen. Sie können damit eine erhebliche Rolle für die Kommunikation und damit den Ausgang von Kampfhandlungen spielen. Gerade in einer Zeit, in der die russischen Invasoren gezielt die Infrastruktur der Ukraine angreifen, bieten die satellitengestützten Terminals einen unschätzbaren strategischen Vorteil.

Nach eigenen Angaben soll der Betrieb der Systeme bis Ende des Jahres 2022 rund 100 Millionen Euro kosten, ebenfalls von Musks Firma Space-X finanziert. Umgerechnet 0,04 Prozent des geschätzten Privatvermögens von Musk stellt das Unternehmen damit für den Kampf der Ukraine gegen die russischen Invasoren zur Verfügung.

Musk dient dies als Beweis dafür, dass er ganz klar auf Seiten der Ukraine steht. Denn daran kamen in den letzten Wochen erhebliche Zweifel auf. Grund dafür sind folgenschwere Ausfälle der Starlink-Kommunikation nahe der ukrainisch-russischen Front. Von ihnen hatte zuerst die »Financial Times« berichtet und sich dabei auf Aussagen ukrainischer Stellen bezogen. Anders als im Rest der Ukraine steht das System in den Regionen rund um Luhansk, Donetzk und Mariupol sowie auf der gesamten Krim laut Website von Starlink nicht offiziell für Privatanwender zur Verfügung. Dabei soll das System eigentlich bald in der ganzen Ukraine funktionieren – zu der völkerrechtlich auch diese Gebiete gehören.

Der Bericht der »Financial Times« fällt zusammen mit kryptischen Äußerungen Musks, der auf Twitter in einer Umfrage über seinen eigenen Friedensplan abstimmen ließ. Darin schlug er eine neue Abstimmung unter UN-Aufsicht in den annektierten Gebieten ebenso wie den offiziellen Anschluss der Krim an Russland – zu dem diese ja seit 1783 gehört habe – und eine neutrale Ukraine vor. Schnell kamen Spekulationen auf, bis zu der Annahme, dass Musk mit dem russischen Autokraten Wladimir Putin in Verbindung stehe. Untermauert wurden sie durch ein Rundschreiben des Beratungsunternehmens Eurasia Group. Sein Chef schrieb von einem persönlichen Gespräch zwischen Musk und Putin, von dem ihm der Space-X-Gründer selbst berichtet habe. Der Tech-Milliardär dementierte die Meldung allerdings.

Ob Musk tatsächlich mit Putin gesprochen hat oder nicht, ist zwar eine drängende Frage. Doch unabhängig davon illustriert die Abhängigkeit der Ukraine von Musks Satelliteninfrastruktur ein Dilemma. Die Ausfälle des Starlink-Systems könnten auch auf Zufälle zurückzuführen sein. Sicher ist das aber nicht – und genau das wiederum ist alles andere als unerheblich. Denn der ganze Vorfall macht deutlich, welche Auswirkungen es haben kann, wenn lebenswichtige Infrastruktur – auch militärischer Art – in die Hand von Privatunternehmen und sogar eines einzelnen Mannes gerät. Sicher ist der Krieg in der Ukraine ein Sonderfall, genauso wie Elon Musk. Dessen umfangreiche Befugnisse innerhalb der von ihm geführten Firmen sind eher ungewöhnlich. Einen Vorstand gibt es nicht, ganz zu schweigen von einem Aufsichtsrat oder anderen Korrektivgremien.

Wer kritische Infrastruktur privatisiert, gibt sie in die Hand demokratisch nicht legitimierter Entscheidungsträger. Ein Vorgehen, das schon bei Strom, Wasser und Gas in die Kritik geraten ist, im Fall von Starlink im Ukraine-Krieg aber eine neue Brisanz gewinnt. Die Nasa setzt zunehmend auf die Zusammenarbeit mit Space-X, in Deutschland werden Musk und sein Autobauer Tesla für den Bau eines Werks in Brandenburg von der Politik hofiert. Sollte sich herausstellen, dass der reichste Mann der Welt nach eigenem Gutdünken in den Ukraine-Krieg eingreift, könnte die Frage aufkommen, welche Konsequenz daraus auch hierzulande gezogen werden sollte.

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