- Kommentare
- Friedrichstraße autofrei
Giffey gräbt Gruben ...
... und fällt wie im Fall der Friedrichstraße selbst hinein, meint Nora Noll
Dingdingding – der Wahlkampf ist eingeläutet. Und wie es aussieht, hat die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) den ersten Treffer kassiert. In der Senatspressekonferenz am Dienstagnachmittag teilte sie zwar ordentlich gegen Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und deren Projekt einer autofreien Friedrichstraße aus. Bei ihrem Eifer, das Urteil des Verwaltungsgerichtes nun »zügig« durchsetzen und bald wieder Autos über die wunderschöne Flaniermeile donnern zu lassen, klang durchaus etwas Häme durch.
Doch Jarasch schlug wenige Stunden später zurück und erklärte ebenso öffentlich, Giffey habe gar nicht verstanden, worum es gehe. Der Antrag auf die sogenannte Teileinziehung, die eine langfristige Umwidmung des Straßenabschnitts für den Fußverkehr ermöglichen soll, läuft schließlich noch, Urteil hin oder her. Und auch der Gerichtsbeschluss kann noch angefochten werden.
Dieses Detail kommt wahrscheinlich nicht so gut an bei der motorisierten Wählerschaft. Die Angst, dass sie mit ihren Stinkern bald innerstädtisch nirgendwo mehr unnütz durch die Gegend kurven können, scheint Giffey für sich nutzen zu wollen. Wenn die SPD schon mit den eigenen Ressorts nicht punkten kann und besonders beim Thema sozialer Wohnraum keinen Erfolg zu verzeichnen hat, muss sie sich wohl an die besorgten Lenkradklammerer wenden. Für diesen Stimmenfang nimmt man es dann nicht ganz so genau mit den Fakten. Blöd halt, wenn die Berichtigung prompt aus der Verwaltung kommt, die es eigentlich bloßzustellen galt.
Auf lange Sicht wäre Giffey zu raten, lieber auf eigene Themen (und eigene Expertise) zu setzen, als beim Graben von Gruben für die Grünen selbst hineinzufallen. Und noch etwas: Gerade wenn es um das dringliche und notwendige Thema Verkehrswende geht, sollte der Senat trotz potenzieller Wahlwiederholung an einem Strang ziehen. Denn das Klima interessiert sich nicht für Umfragewerte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.