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Eintracht Frankfurt im Endspielmodus

Die Fußballer aus Hessen können in Lissabon Historisches erreichen

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Aller Anfang ist schwer: Mit 0:3 verlor Frankfurt beim Debüt in der Königsklasse gegen Lissabon. Im Rückspiel soll es besser laufen.
Aller Anfang ist schwer: Mit 0:3 verlor Frankfurt beim Debüt in der Königsklasse gegen Lissabon. Im Rückspiel soll es besser laufen.

Die Rituale sind schon Normalität: einchecken am Flughafen, abheben, landen und zurück. Für Fans und Funktionäre, Trainer und Spieler von Eintracht Frankfurt gehören Reisen wie jetzt nach Lissabon fast zum Alltag. Weil in diesem Kalenderjahr auf internationaler Bühne Höhepunkt auf Höhepunkt folgt. Das letzte Gruppenspiel in der Champions League bei Sporting Lissabon an diesem Dienstag elektrisiert Stadt und Verein aber noch mal besonders.

Denn die Alles-oder-Nichts-Konstellation ist völlig atypisch für die Königsklasse. In der extrem ausgeglichenen Gruppe D hat noch nicht mal der Premier-League-Dritte Tottenham Hotspur sein Achtelfinalticket sicher. Für alle vier Klubs ist alles drin. Für den Europa-League-Sieger aus Frankfurt scheint die Ausgangslage wie gemacht. »Hop oder top«, sagt Vorstandssprecher Axel Hellmann. »Das ist es, was wir lieben: diese Endspiele!« Drei Szenarien gibt es: weiterkommen in der Champions League, weiterspielen in der Europa League, Abschied aus Europa.

Über die letzte Variante redet der Strippenzieher gar nicht, über die zweite Möglichkeit würde der 51-Jährige erst nach Abpfiff im Estadio José Alvalade sprechen. Also zählt Hellmann lieber auf, was das Erreichen der K.o.-Runde der Königsklasse bedeuten würde: »Wenn wir das krönen könnten, wäre das ein Pfund für die Zukunft.« Man könnte »unsere Grenzen verschieben« – es wäre »wirtschaftlich ein großer Meilenstein und sportlich eine enorme Leistung«. Belohnt mit Minimum zehn Millionen Euro. Und: »Es wäre historisch.«

Die seit 2018 bis auf eine Ausnahme immer international vertretene Eintracht wäre der zweite Klub im letzten Vierteljahrhundert, der als Champions-League-Neuling so weit käme. Zuvor schaffte das 2015 der belgische Meister KAA Gent, der im Achtelfinale am VfL Wolfsburg scheiterte. Der Frankfurter Weg ist deshalb bemerkenswert, weil die vergangenen Jahre neben den finanziellen Corona-Einschnitten von einer erheblichen personellen Fluktuation geprägt waren.

»Erst die Büffel weg (das Stürmertrio Sebastian Haller, Luka Jovic und Ante Rebic verließ im Sommer 2019 den Verein, Anm. d. Red.), dann Silva weg, dann Kostic weg«, erinnert Hellmann. Im Sommer 2021 stiegen ferner noch Trainer Adi Hütter und Sportchef Fredi Bobic aus ihren laufenden Verträgen aus. Dass es bei so viel Umbruch keinen Einbruch gab, sei die »eigentliche Leistung« der in der Gesamtbetrachtung gar nicht mehr so launischen Diva vom Main. Hellmann preist die »Grundstabilität, das ist unser Pfeiler.« Der Jurist selbst verkörpert die Konstante im Vorstand, der Aufsichtsrat bürgt für Kontinuität. »Andere Klubs, die eine ähnliche Häutung durchmachten, haben ganz empfindliche Abstürze hinnehmen müssen«, sagt der eloquente Macher.

Und so steht Frankfurt eben viel besser als traditionsreiche Standorte wie Hamburg, Bremen oder Gelsenkirchen. Auch die Hauptstadt Berlin oder eine wirtschaftsstarke Stadt wie Stuttgart reihen sich dahinter ein. Einen großen Anteil daran hat Sportvorstand Markus Krösche, der für den Frankfurter Kurs steht: »Wir lassen uns von nichts und niemand von unserem Weg abbringen.« Und natürlich auch Cheftrainer Oliver Glasner, der mit Blick auf die entscheidende Partie in Lissabon sagt: »Wir werden auf Sieg spielen.« Mögen sich die beiden auch nicht jeden Tag in den Armen liegen, ihre hohe Professionalität strahlt aber auf eine willensstarke, robuste Mannschaft ab, die binnen zwei Monaten Königsklasse einen erstaunlichen Entwicklungsprozess hingelegt hat.

Niemand befürchtet, dass dieses Ensemble wie bei der mit 0:3 verpatzten Premiere gegen Sporting Lissabon wieder Lehrgeld zahlen muss. Damals hatten die Hessen am Ende zu ungestüm, teils naiv angegriffen – ausgebuffte Portugiesen setzten drei Nadelstiche. Das aber wird nicht wieder passieren, da ist sich Glasner angesichts des Reifeprozesses sicher. »Wir haben gerade gegen Dortmund auf Augenhöhe gespielt – das spricht für unsere Entwicklung.« Der 48-Jährige hat auch bei der hohen Belastung »überhaupt keine Bedenken«, denn: »Wir stehen es schon vier Wochen so durch. Wir werden das die restlichen zwei Wochen auch so durchstehen.«

Heimlich, still und leise will die Eintracht zu einer deutschen Spitzenmannschaft reifen. Glasner ist viel zu häufig in Sachsenhausen, auf Wochenmärkten und Szenetreffs unterwegs, als dass der lebensfrohe Österreicher bei so viel Kontakt zu den Frankfurter Bürgern nicht wüsste: Nichts vermittelt im Umfeld der Eintracht mehr Motivation als die magischen Nächte in Europa, die gefühlt gerade in Endlosschleife laufen.

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