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Deutsche Wirtschaft baut weiter auf China
Mit einem Jahresumsatz von rund 245 Milliarden Euro ist die Volksrepublik der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik
»Deutschland muss seine Arglosigkeit gegenüber China endlich ablegen.« Solche Forderungen, hier von einem Finanzfachmann, sind in diesen Tagen oft zu hören. Ein einfaches »Weiter so« dürfe es nicht geben, fordert auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). China müsse als Wettbewerber und Systemrivale gesehen werden.
In Wirklichkeit ist China vor allem ein riesiger Markt für deutsche Unternehmen. Über 1,4 Milliarden Menschen, davon mehrere hundert Millionen mit westlichen Konsummustern, ziehen Allianz, Mercedes oder Siemens magisch an. Zudem betrug der Umsatz an Waren und Dienstleistungen mit der Volksrepublik 2021 rund 245 Milliarden Euro. Damit ist das Land der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik. Für manche Unternehmen hängt sehr viel davon ab. Chipmangel und Absatzkrise treffen BMW oder Volkswagen weit weniger hart, weil sie in China überaus präsent sind. Dort verkaufte Mercedes-Benz von Juli bis September fast 40 Prozent mehr. Zwei von fünf Mercedes-Autos wurden in China abgesetzt.
Dabei geht es um mehr als um Im- und Exportgeschäfte. Oft steht für die deutsche, stark exportorientierte Wirtschaft der China-Handel am Beginn einer langen globalen Lieferkette. So gab in einer Umfrage des Ifo-Instituts nahezu jedes zweite Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes an, auf wichtige Vorleistungen aus dem Reich der Mitte angewiesen zu sein. Doch das Land ist nicht allein Absatzmarkt und Zulieferer, sondern auch ein Investitionsstandort.
2300 große und kleine Firmen haben laut Deutscher Handelskammer in Peking dort Produktion, Service und Vertrieb aufgebaut. In den ersten sechs Monaten 2022 investierten hiesige Unternehmen zehn Milliarden Euro in China. »Der Halbjahreswert liegt damit höher als alle Werte für die kompletten Jahre seit dem Jahr 2000«, so das unternehmensnahe Institut der deutschen Wirtschaft. »Sollte es zu einem wirtschaftlichen Konflikt mit China kommen, droht einigen Unternehmen womöglich sogar die Pleite.«
Das könnte für Mercedes gelten. Das größte Werk des Konzerns steht in Peking. Inzwischen werden laut Fachblatt »Automobil-Produktion« 70 Prozent des Absatzes in China dort lokal gefertigt. Ein Ende ist nicht in Sicht. So baut Mercedes für das künftige Batterie-Recycling eine Pilotfabrik bei Rastatt, die auch als Blaupause für eine neue Fertigung in China dienen soll.
Siemens ist bereits seit 1872 in China aktiv. In 150 Jahren habe sich »eine vertrauensvolle Basis partnerschaftlicher Zusammenarbeit« entwickelt. Auch Siemens scheint sein China-Geschäft ausweiten zu wollen. Selbst in sensiblen Bereichen. Die Sparte »Digitale Industrien«, die Fabrikautomatisierung und Industriesoftware umfasst, soll mit Fokus auf China ausgebaut werden. Man wolle in dem Segment besser sein als die chinesische Konkurrenz, erklärte ein Siemens-Vorstand laut »Handelsblatt« auf einer Strategietagung. Ziel sei es, den Umsatz der Sparte im Wachstumsmarkt China bis 2025 zu verdoppeln. »Digitale Industrien« ist der wichtigste Unternehmensbereich des Konzerns, knapp die Hälfte davon soll aus China kommen.
Auch Finanzkonzerne sehen vor allem Chancen. Die Allianz hat 2020 in Schanghai die Allianz China Insurance Holding gegründet. Sie ist die erste Versicherungs-Holding in China, die sich komplett in ausländischem Besitz befindet. »Der heutige Start unterstreicht die positive langfristige Zusammenarbeit und versetzt uns in die Lage, eine noch größere Rolle in der am schnellsten wachsenden Wirtschaft der Welt zu spielen«, so damals Allianz-Boss Oliver Bäte.
Schluss mit dem «China-Bashing« fordert BASF-Chef Martin Brudermüller pünktlich zur Peking-Reise von Kanzler Olaf Scholz. BASF habe die Entscheidung für den bis zu 10 Milliarden Dollar teuren neuen Verbundstandort im südchinesischen Guangdong sorgfältig abgewogen, einschließlich geopolitischer Risiken. Aber China stehe schließlich für die Hälfte des globalen Chemiemarktes.
»Es gibt auch mittelfristig absolut keinen gleichwertigen Ersatz für China«, sagt VDMA-Experte Ulrich Ackermann. Der mittelständische Maschinenbauverband VDMA fordert für die künftige China-Strategie, die gerade unter Federführung des Auswärtigen Amtes erarbeitet wird, die Potenziale des chinesischen Marktes weiterhin zu nutzen. Gefährliche Abhängigkeiten, von denen es allerdings nur wenige gebe, sollten abgebaut werden.
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