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Wunschkonzert abgeblasen
Landeseigene Wohnungsunternehmen müssen trotz sozialen Versorgungsauftrags wirtschaftlich bleiben
»Es ist ein bisschen so, wie Eulen nach Athen zu tragen«, sagt Jörg Franzen, Sprecher der landeseigenen Wohnungsunternehmen, am Montag im Stadtentwicklungsauschuss des Abgeordnetenhauses. Allen sei klar, dass die Landeseigenen der Garant für soziale Mieten sind. Ebenso klar ist, dass auch die Landeseigenen, die über 340 000 Wohnungen in Berlin verwalten, unter der gegenwärtigen Krise ächzen. Häufig war in letzter Zeit dann auch zu hören, dass die Landeseigenen an einem Scheideweg stehen.
Neubau, Ankauf und energetische Sanierung: Franzen, der auch Chef der Gesobau ist, ist sich sicher, dass bei den gestarteten Verhandlungen zu einer neuen Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und Landeseigenen angesichts der derzeitigen Situation nicht alles machbar sein wird. »In der Kooperationsvereinbarung müssen Prioritäten gesetzt werden«, sagte er. Die Kooperationsvereinbarung dient dazu, soziale »Leitplanken« für die Landeseigenen vorzugeben.
Eine soziale Vorgabe hat das Land den sechs Wohnungsunternehmen kürzlich erst außerhalb der Kooperationsvereinbarung gemacht. Angesichts der krisenbedingt explodierenden Lebenshaltungs- und Energiekosten sollen Mieterhöhungen und Kündigungen bis Ende 2023 ausgesetzt werden. Elf Millionen Euro wird das kosten, 33 Millionen sind im Nachtragshaushalt für die Wohnungsunternehmen an Landeszuschüssen eingeplant. »Der Mietenstopp muss Hand in Hand gehen mit der Verschiebung von verschiedenen Festlegungen«, sagt Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Montag. Regelungen in der neuen Kooperationsvereinbarung, die mit zusätzlichen Kosten für die Wohnungsunternehmen verbunden sind, müssten bis Mitte 2023 aufgeschoben werden.
Eine zentrale Aufgabe der landeseigenen Wohnungsunternehmen ist der Neubau bezahlbaren Wohnraums. In den vergangenen Jahren waren die Landeseigenen nahezu die einzigen, die hierfür die Wohnungsbauförderung des Landes abriefen. Doch die Konditionen der Förderung aus den Jahren 2020 und 2021 seien unter den aktuellen Bedingungen der Baukosten- und Zinssteigerungen »defizitär«, sagt Geisel. Deshalb sollen mit Mitteln des im September neu aufgelegten Fördermodells nun auch diese Wohnungen »nachfinanziert« werden. Einer ersten Bilanz zufolge seien 1709 Sozialwohnungen in den vergangenen acht Wochen neu beantragt worden. Bis Jahresende, so Geisel, werde die Zahl aber ordentlich nach oben gehen. Mit den 2800 nachzufinanzierenden Wohnungen komme man dann auf eine Zahl von 4000, rechnet Geisel vor.
Dies zusammenzurechnen, sei »getrickst«, kritisiert der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Niklas Schenker. Nichtsdestotrotz sieht er die Zahl der neu bewilligten Sozialwohnungen positiv. Schenker spricht sich auch mit Blick auf die auslaufenden Sozialbindungen dafür aus, von einer Wohnungsbauförderung hin zu einer Direktfinanzierung durch Eigenkapitalzuschüsse des Landes zu kommen. »Das würde bedeuten, dass die Bundesförderung für die Wohnungen wegfällt, was es für das Land doppelt so teuer machen würde«, entgegnet ihm Geisel.
Wegen der Baupreissteigerungen von über 20 Prozent und einer Erhöhung der Zinssätze für das benötigte Fremdkapital von einem auf viereinhalb Prozent steht der Neubau unter hohem Druck. Katrin Schmidberger, mietenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, plädiert angesichts der Herausforderungen der Landeseigenen nicht nur beim Neubau dafür, weniger »denkfaul« zu sein. »Es würde eine Menge Geld sparen, wenn wir die Landeseigenen zusammenlegen würden«, ist sie überzeugt.
Fakt ist: Nicht nur im Neubau müssen die Landeseigenen einen sozialen Auftrag erfüllen. »Es ist schwierig, gegen die auslaufenden Sozialbindungen anzubauen«, sagt die neue Vorständin der Wohnraumversorgung Berlin (WVB), Sandra Obermeyer. Ein weiterer entscheidender Baustein in der Kooperationsvereinbarung seien deshalb auch die Wiedervermietungsquoten von 63 Prozent an Personen mit Wohnberechtigungsschein.
Obermeyer übernimmt, wie vergangene Woche bekannt wurde, zusammen mit Dieter Schippers die Leitung der zuletzt politisch blockierten WVB. Die Einrichtung der von vielen Seiten geforderten Ombudsstelle, an die sich Mieter der Landeseigenen bei Konflikten mit diesen zukünftig wenden sollen, sei eine der zügig aufzugreifenden Aufgaben, wie sie erklärt.
Eine weitere Aufgabe auch für die Wohnraumversorgung sei die gesetzliche Verankerung der Aufgaben der Mieterbeiräte, erklärt Obermeyer. Im Sommer vergangenen Jahres scheiterte eine Novelle des Wohnraumversorgungsgesetzes, weil die SPD sich am Terminus »Mitbestimmung« der Mieterbeiräte störte. »Der Streit ist nun beigelegt«, sagt Obermeyer. Die Vertreterin der Mieterbeiräte hätte deutlich gemacht, dass sie sich an dem Begriff nicht »festkrallen« wolle. Obermeyer stellt auch klar, dass es für die Etablierung der Mietermitwirkung keiner Änderung der Rechtsform der landeseigenen Wohnungsunternehmen bedarf.
In dieser Woche soll es ein Treffen in der Koalition geben, bei dem auch über die Mieterbeiräte beraten werden soll. Reichlich spät, sagen Kritiker. Schließlich hätte nach dem Koalitionsvertrag ein überarbeitetes Wohnraumversorgungsgesetz längst verabschiedet sein sollen.
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