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- Für eine neue Fifa
Schmetterlinge gegen die Fußball-Mafia
BallHaus Ost: Wer die WM boykottieren will, geht ins Stadion
Am 20. November wird die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar mit dem Spiel des Gastgebers gegen Ecuador eröffnet. Am Wochenende nutzten letztmalig viele deutsche Fanszenen in verschieden Ligen den letzten Spieltag vor der WM, um auf die dreckigen Machenschaften von Fifa und Katar hinzuweisen: »Boycott Qatar!«
Es ist erstaunlich zu sehen, wie sehr sich der Weltverband von seiner Basis entfernt hat. Der DFB hat auf den letzten Metern noch die Kurve bekommen und zeigt sich nach Jahren der Gleichgültigkeit neuerdings moderat kritisch. Besser spät als nie, nun wird es Zeit, einen neuen Weltverband zu gründen und dem Katarbüttel Gianni Infantino samt bürokratischen Fifa-Mitessern die Tür zu zeigen.
Als ich am grauen Sonntag meiner Katze von diesen Plänen berichtete, zeigte sie mir durch elegantes Weghoppeln in Richtung Küche, was sie als Vertreterin der Tierwelt vom Menschen-Sport hält. Vorher gähnte sie noch ausgiebig. Nahm sie damit womöglich die nächste Entscheidung vorweg? Wir wollen es nicht hoffen, wenn man jedoch einen Rundblick durch Europas Kurven wirft, stellt man schnell fest, dass überall die Fifa = Mafia ist, sich ansonsten aber kaum jemand bemüßigt fühlt, die alten korrupten Zöpfe durch neue (korrupte?) Zöpfe zu ersetzen.
Nicht nur beim Fußball fragt man sich, was sich das Universum dabei gedacht hat, der Spezies Homosapiens ein Riesenhirn zu verpassen, was diesem zuerst Mittel ist, um ordentlich Scheiße zu bauen. Wenigstens haben die Amis bei den Midterms Trump verhindert, manchmal geht was. Katzen an die Macht ist auch keine Lösung, fragt mal die Stadtvögel.
Ich werde kommenden Sonnabend in Weida den runderneuerten FC Carl Zeiss Jena bewundern. Trainer weg, Manager weg, Präsident weg, schon wird der Berliner AK mit 3:0 besiegt. Gegen Weida erwarte ich einen Sieg, daneben ist so ein Spiel dazu da, um soziale Kontakte zu pflegen und von der Zukunft zu schwärmen. Es gibt nicht nur die WM, unterhalb der 3. Liga wird bis Weihnachten fleißig weitergespielt. Raus mit euch und ab in das Stadion, wo Mensch sich frei bewegen kann und es zumeist das richtige Getränk gibt.
Ja, die lieben Getränke. Neulich weilte ich im wunderbaren Tschechien, um einem Kölner Freund ein wenig den Osten zu zeigen. Naturgemäß war er mit seinen Abifreunden vor 25 Jahren mal für Saufspielchen in Prag, um seitdem den großen Bogen der Ignoranz um Osteuropa zu ziehen. Wie angenehm überrascht er nun in Slovacko war, könnt ihr Eingeweihten aller Grade euch bestimmt denken. Die einheimische Klobasa war so fundamental wie es eine Wurst sein muss. Mächtig im Geschmack, gut gegrillt und mit Kren, Senf oder Ketchup gereicht. Das lokale Radogast Pilsener stellt sämtliche deutsche Stadionbiere in den Schatten. Und so tänzelte mein Kölscher Jung schon bald mit der Toilettenfrau und trällerte ihr eins.
Er war nicht der einzige Kölner, ganze Hundertschaften hatten sich trotz eines Auswärtsfanverbots der Uefa unter gütiger Mithilfe Slovackos ins Stadion gemogelt und feierten mit den Lokals eine friedliche Party, die über zwei Tage ging. Warum? Starker Nebel führte zu einer Spielunterbrechung. Am nächsten Tag wurde bei viel Bier und Klobasa die restliche Zeit runtergespielt. Besonders schön leuchtete die Flutlichtanlage an beiden Tagen. Ihre Masten samt Scheinwerfern haben die Form von Schmetterlingsflügeln, allein dieser Fakt sollte jeden anständigen Menschen dazu bringen, alles stehen und liegen zu lassen, um dieses wirklich wunderschöne Flügelflutlicht zu bewundern.
Ist er nicht schön, unser Fußball?
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