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Dauerhafter Brexit-Schaden
Mit dem Ausstieg aus dem gemeinsamen Markt geht den Briten Handelsvolumen verloren
Am Ende musste Simon Spurrell seine Firma verkaufen. Der Brexit hat dem Käsehersteller das Geschäft so sehr verdorben, dass ihm kein anderer Ausweg blieb. Seit Anfang 2021 muss er beim Export in die EU Zertifikate ausfüllen, die ihn jedes Mal 180 Pfund kosten. Über Nacht büßte er 20 Prozent seines Geschäfts ein.
Immer wieder hat Spurrell in den vergangenen zwei Jahren die britische Regierung gedrängt, die bürokratischen Hürden abzubauen. So hartnäckig war er, dass ihn der ehemalige Premierminister Boris Johnson angeblich »diesen verdammten Käsemann« nannte. Aber er hatte keinen Erfolg. So hat Spurrell seine Cheshire Cheese Company im November an einen Konkurrenten verkauft. Dieser hat eine Niederlassung in den Niederlanden und kann so ohne viel Bürokratie in die EU exportieren.
Beispiele wie dieses gibt es mittlerweile zuhauf. In den britischen Zeitungen liest man von unzähligen Sektoren, die mit Brexit-Problemen kämpfen, von der Gastronomie über das Gesundheitswesen bis zur Landwirtschaft. Mit jedem Monat wird deutlicher, wie groß der Schaden ist, den der Brexit in der britischen Wirtschaft angerichtet hat. Während der Pandemie war es teilweise knifflig, die Konsequenzen von Covid und des Brexit auseinanderzuhalten – mittlerweile ist das Bild etwas klarer.
Michael Saunders, früher Mitglied im Monetary Policy Committee der britischen Notenbank, sagte am Montag: »Die britische Wirtschaft ist durch den Brexit permanent beschädigt worden.« Andere Ökonomen sehen die Lage genauso düster: Im Sommer publizierte die Denkfabrik Centre for European Reform eine Studie, wonach das britische Handelsvolumen um fast 14 Prozent größer wäre, wenn das Land noch immer Teil der EU wäre. Die OSZE geht davon aus, dass Großbritanniens Ökonomie nächstes Jahr weniger schnell wachsen wird als die aller anderen großen Wirtschaftsmächte – mit Ausnahme von Russland.
Saunders ist überzeugt: »Wenn wir den Brexit nicht hätten, würden wir diese Woche wohl nicht über ein Sparprogramm reden.« Er bezieht sich auf den Haushaltsplan, den Finanzminister Jeremy Hunt diesen Donnerstag vorstellen wird. Es wird allgemein erwartet, dass Hunt Steuererhöhungen und Abstriche bei den öffentlichen Ausgaben ankündigen wird.
Am Montag traf gleich noch eine Meldung ein, die die Einschätzung der Ökonomen unterstrich: London, seit Jahrzehnten das wichtigste Finanzzentrum Europas, ist nicht mehr der größte Aktienmarkt auf dem Kontinent. Zum ersten Mal hat Paris diesbezüglich die Nase vorn. Das mag zwar ein symbolischer Moment sein, der für die meisten Briten kaum Bedeutung hat. Aber dennoch kommt die Öffentlichkeit zunehmend zur Einsicht: Der Brexit war ein Reinfall.
Eine neue Umfrage, die Anfang November publiziert wurde, ergab, dass 57 Prozent der Briten den EU-Austritt für einen Fehler halten. Nur 43 Prozent sind der Überzeugung, dass er die richtige Entscheidung war. John Curtice, der renommierteste Meinungsforscher Großbritanniens, sagte letzte Woche: »Die Popularität des Brexit ist heute wohl auf dem tiefsten Niveau seit Juni 2016.«
Die Regierung von Rishi Sunak versucht zwar weiterhin, dem Brexit Positives abzugewinnen, aber manche Tories sind nicht länger bereit, sich an der Scharade zu beteiligen. Der Handelspakt, den die britische Regierung vor einem Jahr mit Australien geschlossen hatte und der etwas Kompensation bieten sollte, sei »kein guter Deal für Großbritannien«, sagte etwa der ehemalige Umweltminister George Eustice am Montag. London habe zu viele Zugeständnisse gemacht, etwa indem es Australien Zugang zum britischen Markt für Rindfleisch gewährt habe, während der Export in umgekehrter Richtung weiterhin verboten sei. Da er nicht mehr in der Regierung sei, spüre er keine Verpflichtung, die Sache länger »schönzureden«, sagte Eustice.
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