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Waschbär der Nation
Ein von Russen entführter Waschbär ist in der Ukraine zum Meme-Star und Politikum geworden.
Für den Kreml war es eine krachende Niederlage, als sich die russische Armee Mitte November nach monatelanger Besatzung aus der südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson zurückziehen musste. Bei ihrer Flucht nahmen die Russen vieles mit, was ihnen die Hände fiel, wie Denkmäler und einen Waschbären aus dem Zoo. Der Klau des Säugers sei die einzige gute Nachricht aus Cherson, schrieb eine russische Propagandistin auf Telegram.
Von einem Diebstahl will Oleg Subkow nichts wissen. Der Besitzer eines Löwenparks auf der Halbinsel Krim erklärte in einem Video, es habe sich um eine Evakuierung vor ukrainischem Beschuss gehandelt. Nach Rücksprache mit einem Waschbär-Experten habe er das Tier mit sechs Artgenossen sowie Lamas, Wölfen und Eseln bei sich aufgenommen. Die Tiere fühlten sich wohl und vermehrten sich fleißig. Nach der Quarantäne ist Subkow bereit, den Waschbären an die Ukraine zurückzugeben. Wenn eine offizielle Anfrage komme, betont er. Schließlich sei das Tier weder für ihn noch für Russland von Wert.
Für die Ukrainer*innen hingegen ist der Waschbär zum Helden geworden. Im Internet wird er als Spion gefeiert und Russland dafür verspottet, dass das Tier die einzige Eroberung des neuen Befehlshabers Sergej Surowikin sei. In einer Petition wird Präsident Selenskyj aufgefordert, den Säuger »um jeden Preis« zurückzuholen. Das würde die Moral der Ukrainer*innen heben. Eine weitere Petition bietet das Denkmal der russischen Zarin und Stadtgründerin von Odessa Katharina II. als Tausch an, welches demnächst demontiert werden soll. Serhij Bratschuk, Sprecher der Militäradministration von Odessa, bot den Russen zehn gefangengenommene Mobilisierte für die Freilassung des Waschbären an. Moskau hat sich bisher nicht zur Offerte geäußert.
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