Blockade des Kraftwerks Jänschwalde vor Gericht

Zwei Angeklagte rechtfertigen ihre Aktion am 19. September mit der Klimakrise

  • Clara Thompson
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei namentlich nicht bekannte Klimaaktivist*innen standen am Donnerstag vor dem Amtsgericht Cottbus und wurden zu je vier Monaten Haft verurteilt. Beide befanden sich seit dem 20. September in Untersuchungshaft, da ihnen Hausfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung und die Störung öffentlicher Betriebe vorgeworfen wurde und sie ihre Identität nicht preisgegeben haben. Zusammen mit 16 anderen hatten sie am 19. September das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde besetzt.

Die junge Frau und der junge Mann, die sich »Ralph« und »Ava« nennen, legten mit ihren Anwält*innen vor Gericht zunächst ihre Ansichten dar. Sie wollten daran erinnern, »was hier in Bezug auf die Klimakrise auf dem Spiel steht«. Sie erklärten: »Wir sind nur noch wenige Jahre davon entfernt, gewaltsame Kipppunkte zu erreichen.« Sie gingen auch auf den Vorwurf ein, die Energieversorgung in der Region sei durch die Blockade gestört worden. Ihre Aktion habe nicht die Grundversorgung angegriffen, sondern »unsere Luxusversorgung«. Es gebe klimaneutrale Möglichkeiten, die Energieversorgung zu gewährleisten, die aber »nicht ausgeschöpft werden«. Das große Medienecho auf die Aktion habe gezeigt, dass die »Inhalte« und Forderungen der Aktivist*innen im Vordergrund standen. Selbst über die »Bild«-Zeitung sei das Anliegen der Blockade durch die auf den Fotos abgebildeten Transparente transportiert worden. »Ava« erklärte weiter: »Regierungen haben diese äußerst ungünstige Lage mit der Klimakrise verschuldet. Nun wollen sie vorschreiben, wie wir Proteste zu führen haben. Das ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.«

Nach der Aktion am 19. September hatte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) die Aktivist*innen als »Klima-Extremisten« bezeichnet. »Wer für seine Weltanschauung absichtlich andere in Gefahr bringt, ist kein Aktivist, sondern ein Verbrecher«, hatte er gesagt und »empfindliche Strafen« gefordert. Auch die Lausitzer Energie AG (Leag), der das Kraftwerk gehört, hatte von einem gezielten Angriff auf die Versorgungssicherheit gesprochen und eine konsequente Bestrafung verlangt. Während der zehn Stunden andauernden Blockade habe man zwei der insgesamt sechs Kraftwerksblöcke herunterfahren müssen. Mehr als ein Gigawatt Leistung habe damit für Stunden nicht zur Verfügung gestanden.

Das reihe sich ein in immer lauter werdende Rufe nach härteren Strafen für Klimaaktivist*innen, so die Verteidigung. Umso wichtiger sei es, auf die wichtige Rolle hinzuweisen, die ziviler Ungehorsam habe, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. Der Vorwurf der Störung öffentlicher Betriebe solle deshalb fallen gelassen werden, womit die Staatsanwaltschaft nicht einverstanden war.

Der Staatsanwalt kritisierte scharf, dass die Angeklagten nicht verraten wollten, wer sie sind. »Wir müssen doch wissen, mit wem wir es hier zu tun haben«, sagte er. Er rechnete mit einer Haftstrafe von sechs Monaten zusätzlich zu einer Bewährungsstrafe, die auch als Haftstrafe gelten würde, wenn die Anonymität nicht noch gelüftet wird. Dann erst könne die Justiz feststellen, ob die Angeklagten Vorstrafen haben. Ein Schaden von rund drei Millionen Euro sei entstanden, hieß es. Ein als Zeuge geladener Ingenieur der Leag erklärte, dass sein Unternehmen Strom einkaufen musste, auf den die Abnehmer warteten.

Erst kürzlich hatte das Amtsgericht Flensburg einen Aktivisten freigesprochen, der zwar Hausfriedensbruch begangen hatte, was allerdings als Einsatz gegen die Klimakrise gerechtfertigt wurde.

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