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Retten statt Rüsten
Bundesweit Aktionen gegen Abschottungspolitik der EU und Militarisierung
Es ist eine kleine Gruppe, die sich an diesem kalten und windigen Samstag vorm Berliner Kanzleramt zu einer Kundgebung zusammengefunden hat. Jan Hansen von der Antimilitaristischen Aktion Berlin (Amab) ist trotzdem guter Dinge: „Es ist ein Erfolg, wir haben es geschafft, das Ding da aufzupumpen», sagt er lachend und deutet auf eine große Rettungsinsel, um die herum Rettungswesten drapiert sind. »Retten statt Rüsten – 100 Milliarden für Klimaschutz und Seenotrettung« steht auf einem darüber aufgestellten Transparent. Ziel der Kundgebung sei es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, und das gelinge durchaus, meint Hansen.
Die Aktion in Berlin unter dem Motto „Retten statt Rüsten» war Teil eines dezentralen bundesweiten Aktionstages, zu dem zwölf antimilitaristische, antifaschistische und andere Organisationen aufgerufen hatten. Die Veranstaltungen in vielen Städten und Gemeinden standen unter der Überschrift „Stoppt das Töten in der Ukraine –- Aufrüsten ist nicht die Lösung». Zu den Initiatoren gehörten das Netzwerk Friedenskooperative, das zu der Aktion am Kanzleramt mit aufgerufen hatte, und die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und der Bund für soziale Verteidigung ebenso wie das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). In Berlin organisierten die Antimilitaristische Aktion und das Jugendnetzwerk der DFG-VK U35 gleich ein ganzes Wochenende mit Workshops.
Im Zentrum der Aktionen steht die Kritik an dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr. Statt Aufrüstung und Militarisierung zu finanzieren, müssten Klimagerechtigkeit und Seenotrettung vorangebracht werden, fordern die Aktivist*innen in Berlin. „Wir können uns nicht leisten, Klimagerechtigkeit und das Sterben im Mittelmeer getrennt von friedenspolitischen Forderungen zu diskutieren», sagt Simone Föhl-Wais von der DFG-VK U35.
Amab, die DFG-VK und ihr Jugendnetzwerk grenzen sich zugleich klar vom Pro-Putin-Lager und „Schwurblern» ab und wollen damit auch innerhalb der Aktionstage und der Friedensbewegung insgesamt ein Zeichen setzen. Ein Redebeitrag beschäftigte sich damit, dass Symbole und Positionen der Friedensbewegung vermehrt auf Demonstrationen auftauchen, die teils von jenen organisiert werden, die während der Corona-Pandemie Verschwörungstheorien verbreiteten – und auf denen die Verantwortung Russlands für den Angriffskrieg gegen die Ukraine kleingeredet werde. „Innerhalb der Bewegung findet eine große Aushandlung darum statt”, sagt auch Föhl-Wais. Sie sieht auch einen Generationenkonflikt: Älteren Friedensaktivisten falle die Abgrenzung von Verschwörungsmythen zum Teil schwerer.
Die DFG-VK ist die älteste Organisation der deutschen Friedensbewegung. Wie viele aus der Friedensbewegung der 1980er Jahre hervorgegangenen Organisationen ist sie mit der Herausforderung konfrontiert, junge Menschen für ihre Arbeit zu begeistern. „Die Jugend geht nicht mehr in Vereine, aber das heißt nicht, dass wir uns nicht für Entmilitarisierung interessieren», sagt Jan Hansen von der Amab.
Der Ukraine sei mit der Aufrüstung nicht geholfen, betont Hansen. Ziel der deutschen Regierung sollte es seiner Ansicht nach sein, Russland zur Beendigung des Angriffskrieges und zur Aufnahme von Friedensverhandlungen zu drängen. Dabei sei aber klar, dass vor allem Russland Friedensverhandlungen aktuell im Wege steht: „Die Forderungen Russlands ernst zu nehmen und gleichzeitig die Forderungen der Ukraine zu ignorieren, würde bedeuten, Putins imperialer Logik nachzugeben.»
Zur Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine hat Hansen keine abgeschlossene Position. „Wir wissen, dass Waffenlieferungen Konflikte beschleunigen und intensivieren. Aber von der Ukraine in der aktuellen Situation zu fordern, dass sie kapituliert, wäre blanker Hohn.» Dennoch könnte die deutsche Regierung viel bestimmter gegen den Krieg eintreten, statt auf Aufrüstung zu setzen, findet er: „Wir fordern etwa mehr Unterstützung für russische und belarussische Deserteure und Kriegsdienstverweigerer.»
Derzeit können diese zwar in Deutschland Asyl beantragen. Aber dafür müssten sie erst einmal einreisen können. Das ist für sie fast unmöglich, weil der Zugang zu Schengen-Visa für sie wesentlich erschwert wurde. Und wenn sie es doch hierher schaffen, müssen sie durch zahlreiche Dokumente ihre Situation nachweisen, was angesichts der Umstände oft sehr schwer ist.
Die Amab und die DFG-VK fordern, „dass allen, die nicht in diesem Krieg kämpfen wollen, einfach und unkompliziert geholfen wird». Am 8. Dezember plant die Amab eine Protestaktion vor dem Europäischen Haus, um auf das Thema aufmerksam zu machen.
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