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Elitäres Heldengedenken
Daniel Lücking fremdelt im Trauermonat November mit der soldatischen Trauerkultur
Rechtzeitig zum Volkstrauertag – von manchen auch Erntedankfest der Rüstungsindustrie genannt – eröffnete Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) unweit des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Schwielowsee eine Kultstätte für getötete Bundeswehrsoldaten aus dem Afghanistan-Krieg der letzten 20 Jahre. Im Zentrum des feierlichen Aktes stand die Enthüllung aufwendiger Gedenktafeln.
Neben einem 27 Tonnen schweren Stein hat die Bundeswehr auch Teile einer Kapelle aus dem Camp Marmal in Masar-e Sharif nach Deutschland verfrachtet. In geschützter Atmosphäre eines militärischen Sicherheitsbereiches soll der Getöteten gedacht werden.
Plaketten mit den Namen der 59 Getöteten, die bereits in Masar-e Sharif Teil des Ehrenhains waren, sind dort nun zu finden. So mahnend und wichtig Gedenkorte für die Opfer von Gewalttaten sind, so verlogen ist der »Wald der Erinnerung«, denn es wird nur partiell erinnert. Erinnern an die, die in Afghanistan und anderen Einsatzländern durch Kampfhandlungen, Angriffe oder durch Unfälle starben. Erinnert aber auch nur dann, wenn sie Bundeswehrangehörige mit deutschem Pass sind. Die Namen getöteter afghanischer Ortskräfte, die aufgrund ihres Einsatzes für die internationalen Truppen ihr Leben verloren, sind dort nicht zu finden.
Da die Bundeswehr schon seit der Schaffung des »Waldes der Erinnerung« Vandalismus fürchtet, wurde als Ort nicht etwa das Regierungsviertel in Berlin gewählt, in dem Parlamentarier*innen das Wirken der »Armee im Einsatz« verfügten, sondern der abgelegene Bereich, in dem das militärische Einsatzführungskommando residiert. »Beschämend« nannte das der ehemalige Wehrbeauftragte des Bundestages Reinhold Robbe, meinte damit aber nur den Ort und nicht die Richtung des Gedenkens.
»Die Ziegel für die landestypischen Ziegelsteinmauern wurden beim Originalhersteller in Afghanistan neu gebrannt«, heißt es auf Wikipedia, und was den finanziellen Aufwand andeutet, den die Bundeswehr betrieben hat. Dass sich diese Gedenkstätte ausschließlich an Hinterbliebene richtet und privatem Gedenken Raum geben soll, macht die Einrichtung noch fragwürdiger. Fataler jedoch, ist die Aussage, die mit dem »privaten Gedenkort« getroffen wird.
Anders als bei den Mahnmalen für die Toten des Ersten und Zweiten Weltkrieges, die auf nahezu jedem größeren Friedhof öffentlich an die Folgen des Krieges erinnern, geht das Gedenken beim Afghanistan-Krieg an einen Ort, der nicht zugänglich sein will für Kritik und letztlich besser geschützt wird vor Vandalismus als das Holocaust-Mahnmal im Zentrum Berlins und andere Erinnerungsstätten.
Die Relationen geraten auch in anderer Hinsicht in Schieflage. Ginge es wirklich darum, die Verantwortlichen in der Politik an die Konsequenzen des eigenen Handelns zu erinnern, so bräuchte es Mahnmale in Sichtweite des Arbeits- und Sozialministeriums angesichts der Menschen, die sich aus Verzweiflung über Armut und Arbeitslosigkeit das Leben nahmen. Mahnmale für Opfer der NS-Justiz sind vorhanden. Justizopfer der Bundesrepublik indes scheint es nicht zu geben. Dringend nötig wäre dann auch ein Mahnmal, das denen gedenkt, denen Schutz in Deutschland verwehrt wird. Ein Mahnmal für die Toten, die durch die europäische Außenpolitik entstehen, die von Frontex exekutiert wird. Die Liste der notwendigen Mahnmale für die Folgen parlamentarischen Handelns ließe sich vielfach erweitern. In Schwielowsee geht es um elitäres Heldengedenken, aber nicht um mahnendes Andenken.
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