Bündnis fordert Neustart für die Berliner Verwaltung

Die gescheiterte Wahl wird als Tiefpunkt gesehen, eine Reform ist längst überfällig

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 3 Min.

Markus Dröge sagt, es gehe ihm um die Glaubwürdigkeit der Demokratie. Diese sei gefährdet, erklärt der Vorstandssprecher der Stiftung Zukunft Berlin (SZB). Die SZB hat mit einem breiten Bündnis ein Papier erarbeitet, das die Dringlichkeit einer Reform der Berliner Verwaltung betont und Vorschläge bringt, wie diese vonstatten gehen könne. Nun soll es umgesetzt werden. Zum Anlass nimmt man die beschlossene Wiederholungswahl. »Eine Wahl ist wegen Verwaltungsversagens gescheitert, da ist Schluss mit Lustig. Es muss in Berlin endlich etwas passieren«, erklärt Dröge.

Über 20 Organisationen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft haben das Konsenspapier unterzeichnet, das von der Berliner Landespolitik »Verantwortungsübernahme und Zusammenarbeit« fordert. Zuständigkeiten des Senats und der Bezirke müssten demnach klar geregelt, voneinander abgegrenzt und dafür eine Fachaufsicht eingeführt werden. Gegebenenfalls sei zu diesem Zweck eine Änderung der Berliner Verfassung zu prüfen. Innerhalb der Bezirke sollte die Rolle der Bezirksbürgermeister*innen zum Beispiel durch eine Richtlinienkompetenz bei Meinungsverschiedenheiten oder die Wiedereinführung eines »politischen Bezirksamtes« gestärkt werden. Schließlich schlägt das Papier eine engere Kooperation mit der Berliner Wirtschaft vor, insbesondere bei der Weiterbildung von Führungskräften.

Diese notwendigen Veränderungen seien seit Langem bekannt und »in guter Zusammenarbeit« mit Ralf Kleindiek (SPD), dem Staatssekretär für Verwaltungsmodernisierung, erarbeitet worden. »Es ist kein Erkenntis-, sondern ein Umsetzungsproblem«, so Dröge. Er erwarte von allen demokratisch orientierten Parteien, den Neustart der Verwaltung nun trotz oder gerade im Wahlkampf zum zentralen Thema zu machen, wie es die Berliner Grünen bereits getan haben.

Die schlechte Organisation habe nämlich gravierende Auswirkungen auf Unternehmen und den Standort Berlin, beschreibt Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik der Industrie- und Handelskammer Berlin. Unternehmer*innen hätten in der Haupstadt rund 200 Verwaltungskontakte im Jahr. »2,5 Prozent des Umsatzes gehen durch überbordende Bürokratie verloren«, kritisiert Vagt.

Eine zentrale Schwierigkeit bei bisherigen Reformbemühungen seien die »sehr stark auf Bezirke konzentrierten Zentren aller Parteien. Dort konzentriert sich die Macht der einzelnen Parteifürsten«, sagt Detlef Gottschalck, Rechtsanwalt bei der SZB. Wenn dann von der Landesebene Reformvorschläge kämen, gebe es in jedem Bezirk mindestens einen Verantwortlichen, der dagegen ist.

Tobias Nöfer, Vorstandsvorsitzender des Architekten- und Ingenieurvereins zu Berlin-Brandenburg, will, dass keine Missverständnisse aufkommen: »Die Bezirke sollen nicht entmachtet werden, das ist Unsinn.« Es gehe darum, den großen unorganisierten »Knoten« unklarer Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken, den Berlin schon seit 1920 mit sich herumschleppe, sauber aufzustellen.

Dennoch plädiert Jörg Ritter, Präsidiumsmitglied des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, für ein Top-down-Prinzip hinsichtlich der Fortbildung: »Es gibt durchaus das Erkenntnisproblem beim einen oder anderen Amtsleiter, dass es notwendig ist, etwas umzudenken.« Zum Beispiel brauche es Instrumente in Bereichen wie Führung, Projektmanagement und Digitalisierung, wie sie sich in der Wirtschaft bewährt hätten. Das solle durch ein Führungskräfte-Entwicklungsprogramm im Austausch mt Unternehmen behoben werden.

Mit dem nun vorgelegten Papier verfüge Berlin »endlich über eine klare Bauanleitung für die funktionierende Stadt. Die Verwaltungsreform darf jetzt nur nicht zum Spielball im Berliner Wahlkampf werden«, warnt Henrik Vagt.

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