Das US-Hartz-IV

Mit dem US-Investitionspaket IRA will Joe Biden die Fehler von Nafta wieder gut machen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Dieser Tage macht wieder das Wort »Handelsstreit« die Runde: Wegen des US-Anti-Inflationsprogramms IRA hängt der transatlantische Haussegen schief. Grund sind geplante US-Subventionen für Elektroautos aus vornehmlich heimischer Produktion, die man in der EU als unfair erachtet. Die Subventionen seien gar nicht gegen die EU gerichtet, versucht man unterdessen in Washington zu beschwichtigen. Ziel sei es, »für sichere Lieferketten zu sorgen und zu versuchen, unsere Verbündeten einzubeziehen«, sagte etwa US-Finanzministerin Janet Yellen am Donnerstag. Doch so ganz ehrlich ist das von ihr nicht.

Letztlich geht es bei dem Investitionsprogramm nicht allein um sichere Lieferketten oder Maßnahmen gegen den Klimawandel. Es ist vor allem auch ein gewaltiges Programm zur Förderung neuer Industriejobs in den USA. 1,4 bis 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze könnten so geschaffen werden, schätzt etwa der Thinktank Energy Innovation Group. Damit versucht US-Präsident Joe Biden etwas wiedergutzumachen, das sein Vorgänger Bill Clinton in den 1990ern angerichtet hat und das den Demokraten seitdem als Makel anhaftet wie den hiesigen Sozialdemokraten Hartz IV durch Gerhard Schröder: das Nafta-Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko.

Nafta hatte in den USA einen massiven Deindustralisierungsprozess in Gang gesetzt. 700 000 Jobs sollen dadurch vernichtet worden sein. Nafta gilt als einer der Gründe, warum Hillary Clinton bei den Präsidentschaftswahlen 2016 im sogenannten Rust Belt, der einstigen industriellen Hochburg, viele wichtige Stimmen an Donald Trump verloren hatte.

Insofern macht man in der EU einen Fehler, wenn man handelspolitisch auf das US-Investitionsprogramm antworten will. Denn letztlich geht es dabei um Industriepolitik. So kann die Antwort der EU nur eine eigene Industriepolitik sein.

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