- Wirtschaft und Umwelt
- Dumpinglöhne
Jeder Zehnte bekommt höchstens 2000 Euro
Besonders Frauen und Ostdeutsche verdienen auf Mindestlohnniveau
Insgesamt 21 743 380 Menschen hierzulande arbeiten in Vollzeit. Knapp 2,2 Millionen von ihnen bekommen dafür ein Gehalt von maximal 2000 Euro brutto im Monat. Dies ergibt eine Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, Susanne Ferschl, die »und Der Tag« vorliegt. Legt man eine 40-Stunden-Woche und einen 160-Stunden-Monat zugrunde, dann bedeutet dies, dass diese Beschäftigten grob überschlagen einen Stundenlohn von 12,50 Euro oder weniger haben – also maximal knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro verdienen.
Für die Linke-Politikerin Ferschl ist dafür auch die Bundesregierung verantwortlich: »Die Bundesregierung hat durch ihre Arbeitsmarktpolitik jahrelang Lohndumping und die Ausbreitung schlecht entlohnter Arbeitsverhältnisse gefördert.« Die Ausweitung von Leiharbeit, lasche Kontrollen beim Mindestlohn und eine Schwächung der Gewerkschaften hätten zum Ergebnis, dass Millionen von Vollzeitbeschäftigten mit weniger als 2000 Euro im Monat auskommen müssen.
Dabei sind insbesondere Frauen die Leidtragenden dieser, so Ferschl, »neoliberalen und arbeitnehmerfeindlichen Politik«. Denn der Anteil von Frauen, die trotz Vollzeitbeschäftigung 2000 Euro oder weniger verdienen, ist mit 15,1 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Männern. Bei den männlichen Beschäftigten liegt er bei 7,7 Prozent.
Die Auswertung der Antwort auf die schriftliche Frage der Linken-Politikerin ergibt auch ein massives Ost-West-Gefälle: Während der Anteil der Vollzeitbeschäftigten mit einem Bruttomonatslohn von 2000 Euro oder weniger in den neuen Bundesländern 15 Prozent betrug, waren es in den alten Bundesländern 9,1 Prozent. Damit liegt der Anteil in Ostdeutschland fast zwei Drittel über dem in Westdeutschland. In Ostdeutschland erhielt fast jede fünfte Frau in Vollzeitbeschäftigung 2000 Euro und weniger im Monat.
In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern ist es mit 23,5 beziehungsweise 23,2 Prozent sogar fast jede vierte Frau. Beide Bundesländer weisen mit 18,1 (Mecklenburg-Vorpommern) und 16,9 Prozent (Thüringen) auch insgesamt den höchsten Anteil an Vollzeitbeschäftigten mit einem Monatslohn von maximal 2000 Euro auf. Am niedrigsten ist der Anteil mit 7,7 Prozent in Baden-Württemberg und 8,2 Prozent in Bayern.
»Das Verbot von Leiharbeit, eine Ausweitung der Mindestlohnkontrollen und vor allem eine Stärkung der Tarifbindung sind unabdingbar, damit Beschäftigte einen fairen Lohn erhalten«, fordert Ferschl Maßnahmen gegen dieses Lohndumping. »In Zeiten einer hohen Inflation ist das notwendiger denn je«, so Ferschl. Die Inflationsrate lag im November bei 10 Prozent.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.