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Berliner Gewässern geht es schlecht
Kann der Emscher-Umbau ein Vorbild sein? Hauptstadt-Probleme erschweren die Renaturierung
Eine schöne grüne Landschaft? Nicht ganz. Eigentlich sollte hier die Hönower Weiherkette sein, aber auf dem Foto, das Manfred Krauß vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Berlin (BUND) am Donnerstag im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses zeigt, ist das Gewässer vollkommen ausgetrocknet. Auf anderen Bildern sind erodierte Teichufer zu sehen oder wie Spree und kleinere Flüsse sich durch enge, befestigte Uferwände zwängen – teilweise sind diese gerade erst neu gebaut worden. »Man sollte nicht meinen, dass so was in Zeiten der Wasserrahmenrichtlinie möglich ist«, sagt Krauß.
Laut Wasserrahmenrichtlinie der EU hätten alle europäischen Gewässer eigentlich schon 2015 einen qualitativ »guten Zustand« erreichen sollen, wozu auch eine natürliche Ufergestaltung gehört. Da die meisten Berliner Gewässer davon noch weit entfernt sind, widmete sich der Umweltausschuss nun zum wiederholten Male der Renaturierung der Berliner Gewässer.
Ein Vorbild, wie es besser laufen könnte, sieht Manfred Krauß in der Emschergenossenschaft in Essen. Diese Körperschaft des öffentlichen Rechts kümmert sich im Zuge von Kohleausstieg und Strukturwandel im Ruhrgebiet um die Renaturierung der Emscher und ihrer Nebenflüsse, wie Mario Sommerhäuser den Abgeordneten erklärt. Der Abteilungsleiter Fluss und Landschaft der Emschergenossenschaft ist extra für die Anhörung nach Berlin gekommen. Inklusive wasserwirtschaftlicher Infrastruktur wie Klärwerke koste der Emscher-Umbau rund 5,5 Milliarden Euro und werde zu 80 Prozent über Wassergebühren finanziert. »Wir sind überzeugt, dass das Prinzip Genossenschaft hier Planungssicherheit bietet«, so Sommerhäuser.
Damit sind schon einige Unterschiede zu Berlin angesprochen: Die Hauptstadt hat keine Genossenschaft oder vergleichbare Struktur, die verschiedene Akteure vereint; die Zuständigkeiten sind auf Landes- und Bezirksebene verteilt. Genauso wenig gibt es einen gebührenfinanzierten Wasser- und Bodenverband, wie Carin Sieker von den Berliner Wasserbetrieben zu Beginn ihrer Anhörung erklärt. Und schließlich geht es in Berlin nicht um einen einzigen großen Fluss, sondern um 530 Kleingewässer, von denen laut Sieker rund ein Drittel von Austrocknung betroffen ist: »Die Region Berlin wird auf Wassermangel hinauslaufen.«
Dagegen könne ein Wasserkreislauf helfen, bei dem gereinigtes Abwasser aus den Klärwerken wieder in die Hauptgewässer eingeleitet wird, wie es derzeit für die Wuhle geplant wird. Das Problem dabei: »Der Versorgungsauftrag der Wasserbetriebe endet mit der Abwasserentsorgung. Weitere Maßnahmen sind derzeit nicht gebührenfähig«, erläutert Sieker.
»Ich gebe zu, wir ziehen in vielen Entwicklungen jetzt erst nach«, sagt Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) zu den Gästen und Abgeordneten. Ein großes Problem der Hauptstadt sei auch der Kampf um die knappen Flächen und die Konkurrenz mit dem Wohnungsbau. Der positive Einfluss von Renaturierung auf die Lebensqualität könne darüber hinaus Gentrifizierung befördern. Und nicht zuletzt müsse Berlin vieles gemeinsam mit Brandenburg entscheiden. »Wir teilen uns die Flüsse, denn das Wasser macht an unseren Landesgrenzen nicht halt«, so Jarasch.
Auf die Frage, wie die Aufwertung der Natur betrieben werden könne, »ohne dass die Investoren am Ende das Geld einstecken«, hat Katalin Gennburg, Umweltsprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, »eine ganz einfache Antwort: den Mietendeckel«, schlägt sie in Richtung der an der Bundesregierung beteiligten Parteien vor.
Aber auch aus Sicht des BUND ist die Kostenfrage der Renaturierung ein entscheidender Knackpunkt, heißt es im ersten Bericht zum Masterplan Wasser, den die Senatsumweltverwaltung Ende letzten Jahres vorgelegt hat. Im Doppelhaushalt 2022/23 seien weniger als fünf Prozent der Mittel eingeplant, die eigentlich zur Umsetzung notwendiger Gewässerschutzmaßnahmen nötig wären. Für die vollständige Erfüllung der Wasserrahmenrichtlinie seien weder Personal- noch Investitionsbedarf berechnet worden.
Schon lange fordert die Wassernetz-Initiative die Einführung eines Entgelts für die Entnahme von Oberflächenwasser, um vor allem Großverbraucher wie fossil betriebene Heizkraftwerke an den Folgekosten der Wasserkrise zu beteiligen, sowie die zweckorientierte Investition dieser Gelder in den Gewässerschutz. Außerdem müssten die Wasserpreise so angepasst werden, dass sie Sparanreize setzen, und darüber hinaus Mindestgrundwasserstände festgelegt werden. Der Verbrauch in Dürrezeiten müsse reglementiert und aktive Öffentlichkeitsbeteiligung gefördert werden.
Laut einer Einschätzung von Christian Schweer, Wasserschutzexperte beim BUND, trägt der Masterplan »in seiner jetzigen Fassung nicht zur Beseitigung der zentralen Umsetzungsdefizite im Gewässerschutz bei, sondern bestätigt sie eher«. Als ein Beispiel nennt er das Mischwassersanierungsprogramm, das nicht ambitioniert genug sei. Durch die Mischwasserkanäle in der Innenstadt werden Schmutz- und Regenwasser gemeinsam abgeleitet; bei Starkregenereignissen kann dadurch sehr schadstoff- und keimhaltiges Wasser in Spree, Panke oder Landwehrkanal eingeleitet werden.
Auch das Thema Versiegelung werde nicht ausreichend behandelt. Es brauche eine Netto-Null-Versiegelung in Berlin schon deutlich vor 2030. »Ohne eine konsequente Umsteuerung kann ein zukunftsfähiges Wassermanagement nicht gelingen, weshalb eine weitere Verschärfung der Wasserkrise vorprogrammiert ist«, prognostiziert Schweer. In der Ausschusssitzung am Donnerstag verspricht Jarasch: »Die Entsiegelung ist der Weg, den wir gehen müssen. Wir versuchen das voranzutreiben.« Trotz der Flächenkonkurrenz dürfe der Wohnungsbau nicht immer an erster Stelle stehen.
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