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Untersuchung ohne Akten

Betroffene üben Kritik am parlamentarischen Untersuchungsausschuss »Neukölln«

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor der zehnten Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses »Neukölln« erneuern Betroffene und Initiativen ihre Kritik an der Arbeitsweise des Gremiums. In einem zweiten offenen Brief kritisieren sie unter anderem teils fehlenden Respekt vor den Betroffenen und eine mangelnde Öffentlichkeit des Ausschusses, der sich mit dem Komplex der Neuköllner Nazi-Anschlagserie befasst. »Der Untersuchungsausschuss legt eine Missachtung der Betroffenen zutage, die inakzeptabel ist«, heißt es im offenen Brief. Diesen hat neben Initiativen auch das Ehepaar Claudia und Christian von Gélieu unterschrieben, auf dessen Auto 2017 ein Brandanschlag verübt worden war.

So gebe es zwar engagierte Abgeordnete, aber ebenso solche, die wenig Interesse zeigten. Als Beispiel wird hier die CDU genannt. Ja, bei der CDU gebe es teilweise Desinteresse, sagt Niklas Schrader, Ausschussmitglied für die Linksfraktion. »Abstoßend ist aber das Verhalten des AfD-Abgeordneten, der nichts zur Aufklärung beiträgt, aber unangebracht mit den Betroffenen umgegangen ist.«

Viele erhoffen sich vom Untersuchungsausschuss eine Aufklärung des Behördenversagens rund um die Nazi-Anschlagserie in Neukölln. Es geht um mindestens 72 Taten allein in den Jahren 2016 bis 2019. Ein Gerichtsverfahren endete im Dezember mit dem Freispruch eines Beschuldigten aus Mangel an Beweisen. Der Prozess gegen den zweiten Angeklagten läuft weiter.

Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss hingegen sollen am Freitag die Sonderermittler befragt werden. Sie wurden auch schon einmal in den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses geladen. Schrader und sein Kollege von der Grünen-Fraktion, Vasili Franco, sehen aber noch offene Fragen. »Haben die Ermittler die Strukturen selbst nachvollziehen können? Wer hat wann was ermittelt? Wie wird der Seriencharakter im Nachhinein bewertet? Dem werden wir am Freitag nachgehen«, sagt Franco.

Auch die Sitzung am Freitag wird wieder ohne die Möglichkeit für die Betroffenen und Zuschauer stattfinden, dem Ausschuss im selben Raum beizuwohnen. Zwar wird die Sitzung in einen anderen Raum übertragen. Initiativen kritisieren aber, dass so keine wirkliche Öffentlichkeit hergestellt werde. »Die Möglichkeit muss geschaffen werden, als Zuschauer den Untersuchungsausschuss im selben Raum verfolgen zu können. Im Zweifel sollte dies auch im Plenarsaal möglich sein«, sagt Grünen-Politiker Franco. Die Lockerung von Corona-Auflagen könnte hier bei kommenden Terminen Verbesserungen mit sich bringen.

Hoffnungsvoll blicken die Ausschussmitglieder auch auf ein Treffen mit der Senatsinnenverwaltung sowie der Senatsjustizverwaltung Mitte Januar, bei dem es um die Bereitsstellung von Unterlagen gehen wird. Nach der Sitzung des Ausschusses im vergangenen November kritisierten Franco und Schrader, dass sie ohne einen Großteil der Akten zu den rechten Straftaten auskommen müssten. Mittlerweile bekomme man nach und nach die Akten, die die Abgeordneten für ihre Arbeit brauchten. Das reiche aber nicht aus. »Ohne die Unterlagen zur Straftatenserie kann der Ausschuss seiner Arbeit nicht nachkommen«, sagt Franco.

Unabhängig von der Parteizugehörigkeit wolle er weiter Druck machen, verspricht auch Linken-Politiker Schrader mit Blick auf die von seiner Parteifreundin Lena Kreck geführte Senatsjustizverwaltung. Dass Behörden aber ungern Akten herausgeben, damit sei zu rechnen gewesen. Dass auch aus der Zivilgesellschaft Druck gemacht werde, wäre deshalb eine wichtige Unterstützung, findet Schrader. »Dass es einfach werden wird, hat niemand gesagt.«

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