Kilowatt vom Balkon

Brandenburgs Linke schlägt wie in Berlin Härtefallfonds für Einwohner mit Energieschulden vor

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Die bislang von Land und Bund zugesagten Entlastungsmaßnahmen wegen der explodierten Energiepreise genügen Brandenburgs oppositioneller Linksfraktion nicht. Fraktionschef Sebastian Walter forderte am Dienstag einen Härtefallfonds nach Berliner Vorbild, um Menschen zu ersparen, dass ihnen Gas oder Strom abgestellt wird. »Einen solchen Fonds einrichten kann Brandenburg auch«, meinte er.

Laut Walter würde der Fonds zwischen 10 und 12 Millionen Euro kosten, die aus dem beschlossenen Brandenburg-Paket des Bundeslandes entnommen werden könnten. Auf diese Weise ließe sich unkompliziert eine Situation verhindern, in der Menschen ohne Strom oder ohne Gas leben müssten.

Voraussetzung für den Bezug von Hilfen aus dem Härtefallfonds müsste Walter zufolge sein, dass die Sperrung der Energiezufuhr wegen unbezahlter Rechnungen ganz unmittelbar bevorsteht. In diesem Fall anspruchsberechtigt sollte Walters Worten nach ein Ein-Personen-Haushalt sein, wenn ihm weniger als 35 000 Euro brutto Jahreseinkommen zur Verfügung steht; bei Paaren sollte die Grenze bei 50 000 Euro liegen und bei einer Familie mit zwei Kindern bei 80 000 Euro brutto.

Walter rechnete vor, dass 85 Prozent aller Brandenburger potenziell unter diesen Schutzschirm fallen würden. Die gewährte Hilfe sollte ihm zufolge nicht an die Bürger ausgezahlt werden, sondern direkt an den jeweiligen Energieversorger fließen. Vor Betrug sei man in solchen Fällen nie gefeit, doch »dürfen nicht eines Betrügers wegen 99 Menschen in Not geraten«, argumentiert der Oppositionspolitiker.

Der Fraktionsvorsitzende der Regierungspartei SPD Daniel Keller sagte, solche Hilfen wären für Vereine und Unternehmen wichtig. »Und ja, das kann ich mir auch für Einzelhaushalte vorstellen.« Im Grunde kam Beifall auch von den mitregierenden Grünen: Es dürfe keine Stromsperren für Menschen geben, die aufgrund gestiegener Kosten ihre Rechnung nicht bezahlen können. Solche Überlegungen müssten einbezogen werden, wenn das Brandenburg-Paket mit einem Gesamtumfang von zwei Milliarden Euro in konkrete Maßnahmen umgesetzt wird.

Die Freien Wähler dagegen setzen eher darauf, dass die Brandenburger mittels der eigenen Produktion von Strom ihre Energierechnungen senken. Sie legten einen parlamentarischen Antrag vor, der den Weg zu »Balkon-Kraftwerken« frei machen soll. Wie der Abgeordnete Philip Zeschmann sagte, wäre dies ein wirksamer Schritt hin zur Senkung des Stromverbrauchs und – damit verbunden – der Stromkosten. Voraussetzung dafür wären eine Entbürokratisierung und die Beseitigung von Normen, die »hinderlich« seien.

Verwiesen wurde von den Freien Wählern auf das Beispiel Luxemburg, wo jegliche Anmelde- und Genehmigungspflicht bei Kleinstsolaranlagen abgeschafft wurde. Mittels solcher Anlagen könnten bei günstigem Standort zwischen 10 und 25 Prozent des privaten Stromverbrauchs selbst erzeugt werden. Das wäre an sonnigen Standorten möglich; bei einem Balkon auf der Nordseite wäre eher kein Effekt zu erwarten. Es gebe inzwischen eine »Solarguerilla«, die sich um die deutschen Vorschriften nicht mehr schere, sondern solche Anlagen auf eigene Faust installiere, hieß es.

Bürgermeister von Kommunen, die sich in der brandenburgischen Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen zusammengeschlossen haben, befürchten indessen zum Teil eine Beeinträchtigung des Stadtbildes durch zu viele Solardächer und Solaranlagen an Fassaden. Der Landtagsabgeordnete Zeschmann erklärte dazu, an denkmalgeschützten Gebäuden sollten diese Kleinstsolaranlagen nun gerade nicht installiert werden.

Im Übrigen müsste ausgeschlossen werden, dass die Interessenverbände von Energieversorgern und Elektroinstallateuren ihr Vetorecht gegen solche Kleinstanlagen behalten. Denn es liege in der Natur der Sache, dass sie weniger Strom verkaufen und nicht länger Geld mit dem Installieren komplizierter Anlagen verdienen würden. »Die Anmeldung solcher Dinge sollte komplett verschwinden. Luxemburg zeigt, dass es funktioniert«, bekräftigte Zeschmann.

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