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Djokovic auf Mission Wiedergutmachung

Serbiens Tennisstar darf ein Jahr nach seinem Einreise-Wirbel nun doch wieder bei den Australian Open antreten

  • Jörg Soldwisch, Melbourne
  • Lesedauer: 4 Min.
Novak Djokovic wurde in Australien in diesem Jahr freundlicher empfangen als zu Hochzeiten der Pandemie.
Novak Djokovic wurde in Australien in diesem Jahr freundlicher empfangen als zu Hochzeiten der Pandemie.

Diese Meldung dürfte sich für Novak Djokovic wie ein Schlag ins Gesicht angefühlt haben. Bei den am Montag beginnenden Australian Open der Tennisprofis können nun sogar Spielerinnen und Spieler antreten, die Corona-positiv getestet worden sind – sofern sie sich körperlich dazu in der Lage fühlen. Vor einem Jahr war alles noch ganz anders. Vor allem für Djokovic. Nicht wenige seiner Fans meinen: Am ungeimpften Tennisstar wurde damals ein Exempel statuiert. »Plötzlich war ich der Bösewicht der ganzen Welt«, sagt der 35-Jährige in Erinnerung an den tagelangen Einreise-Wirbel. »Die Spuren davon sind noch da.«

Nun ist Djokovic zurück, bei den Australian Open tritt der 21-malige Grand-Slam-Turniersieger als großer Titelfavorit an. Dass er sein erstes Training im Melbourne Park am Mittwoch angeschlagen vorzeitig beenden musste, sei eine Vorsichtsmaßnahme gewesen. »Ich habe das Ziehen ein bisschen gespürt, ich wollte nichts Schlimmeres riskieren«, sagte Djokovic danach über die Beschwerden in seinem linken Bein, die ihm schon zuvor beim Turnier in Adelaide Probleme bereitet hatten.

Buhrufer werden rausgeschmissen

An Motivation mangelt es dem Serben nicht. Er wolle nicht nur seinen zehnten Triumph beim ersten Grand Slam des Jahres feiern, sondern auch »den Fans gute Emotionen und gute Gefühle vermitteln«. Djokovic will in Melbourne endgültig seinen Frieden mit Australien schließen und hat in Turnierchef Craig Tiley einen Verbündeten auf dieser Mission. Damit der Aussöhnung nichts im Wege steht, warnte Tiley die Zuschauer bereits vor dem Turnierstart am kommenden Montag davor, Djokovic in irgendeiner Weise anzufeinden. »Wenn sie die Freude eines anderen stören: Boom, dann sind sie raus«, sagte Tiley der Zeitung »Herald Sun«. »Sie können gleich wegbleiben, oder wir schmeißen sie raus.«

Buhrufe oder gar Pfeifkonzerte muss Djokovic aber wohl ohnehin nicht befürchten. Bei seinem jüngsten Turniersieg im 700 Kilometer entfernten Adelaide war er mit »Nole, Nole«-Sprechchören, viel Applaus und großer Herzlichkeit von den Fans bedacht worden. Es habe sich »wie zu Hause angefühlt«, sagte der Serbe über seine Rückkehr nach Australien. »Die Unterstützung, die ich in den vergangenen Tagen erhielt, habe ich noch nicht oft in meiner Karriere bekommen.«

Erst recht nicht vor einem Jahr. Untergebracht in einem Abschiebehotel. Ausgewiesen wegen eines vor Gericht für ungültig erklärten Visums. Inmitten der Corona-Pandemie wurde der Impfverweigerer auch zum Spielball der Politik. Es war ein Drama in mehreren Akten, das die Sportwelt tagelang in Atem hielt. Allerdings war der Tennisstar daran nicht unschuldig. Angaben auf seinem Einreiseformular stellten sich als falsch heraus, was ihm letztlich zum Verhängnis wurde. Die Ereignisse würden ihn »für den Rest des Lebens begleiten«, meinte Djokovic: »Aber ich muss weitermachen.« Sein ursprünglich dreijähriges Einreiseverbot wurde inzwischen aufgehoben, einen Impfnachweis für die Einreise benötigte er schließlich nicht mehr.

Djokovics letzte Niederlage bei den Australian Open liegt bereits vier Jahre zurück: Ein gewisser Chung Hyeon aus Südkorea warf den damals leicht angeschlagenen Serben sensationell schon im Achtelfinale aus dem Turnier. So ein Ausrutscher scheint diesmal unwahrscheinlich, zu dominant und konstant trat Djokovic zuletzt auf. War die Stimmung im Spielerfeld im Vorjahr noch gespalten, scheinen ihn die meisten Konkurrenten nun mit offenen Armen zu empfangen. »Ich als Wettkämpfer will Novak hier sehen«, sagte der Australier Nick Kyrgios, der im Wimbledon-Finale gegen Djokovic verloren hatte. Die Rückkehr des Superstars auf die Grand-Slam-Bühne sei die »beste Nachricht«, meinte auch der Spanier Rafael Nadal. Die Ereignisse im Vorjahr seien zwar ein »großes Chaos« und »nicht gut für unseren Sport« gewesen, aber: »Es ist Vergangenheit.«

Weiter keine Einreise zu US-Turnieren

Das gilt allerdings noch nicht überall. Die USA verlangen bis mindestens zum 10. April weiter den vollständigen Corona-Impfschutz als Einreisevoraussetzung für Ausländer, damit ist der Start des Serben bei den März-Turnieren in Indian Wells und Miami praktisch ausgeschlossen. »Wenn das offiziell ist, dann ist es so. Ich meine, was kann ich tun? Nichts«, sagte Djokovic gelassen. Nun ja, natürlich könnte er sich impfen lassen, aber: »Ihr kennt meine Haltung. Es ist, wie es ist.« Mehr wolle er dazu nicht mehr sagen. Um seinen guten Ruf will er nur noch auf dem Platz kämpfen. dpa/nd

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