Schmierstoff des Luftverkehrs

Fluggesellschaft Easyjet eröffnet Wartungshangar am Airport BER

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Always happy landings«, wünscht Aletta von Massenbach, Chefin des Hauptstadtflughafens BER, am Mittwoch der britischen Billigfluggesellschaft Easyjet. Zu diesen immer glücklichen Landungen, wie es auf Deutsch heißt, wird der Wartungshangar auf dem Airportgelände in Schönefeld beitragen. Easyjet-Direktor Thomas Haagensen eröffnet ihn zusammen mit Aletta von Massenbach offiziell. Die Entstehung der 10 000 Quadratmeter großen Halle war eine Gemeinschaftsarbeit. Zunächst bereitete die Flughafengesellschaft das Baufeld vor, dann hat Easyjet den Hangar errichtet und eingerichtet. Bis zu vier Passagiermaschinen des Typs Airbus A321 passen hinein. Eine Maschine des neuesten Typs A321 neo steht zur Eröffnung als Fotomotiv und zur Besichtigung bereit.

Von den 135 Flugzeugen der Europa-Luftflotte von Easyjet ist bereits jetzt jedes zehnte ein A321 neo. In Zukunft solle sich die Quote durch die Anschaffung weiterer Exemplare noch erhöhen, weil es die derzeit effizientesten und leisesten seien, wie Thomas Haagensen rühmt. Sie verbrauchen weniger Treibstoff als herkömmliche Flugzeuge dieser Größe, was pro Jahr und Maschine 98 000 Tonnen CO2 einspare. Doch damit will sich Easyjet perspektivisch nicht zufriedengeben. Bis 2050 soll der CO2-Ausstoß weiter reduziert werden und den verbleibenden Rest will die Fluggesellschaft durch Ausgleichsmaßnahmen in der Natur kompensieren, um rein rechnerisch klimaneutral zu fliegen. Ob mit Wasserstoff angetrieben, wie Haagensen glaubt, oder auch hybridelektrisch, was Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) für eine Möglichkeit hält – was immer Wissenschaftler und Ingenieure für einen künftig klimaneutralen Flugverkehr austüfteln, Easyjet will ganz vorn dabei sein und dereinst solche Maschinen dann auch in diesem Hangar warten.

Easyjet in Zahlen
  • Seit dem Jahr 2004 hat die britische Fluggesellschaft Easyjet eigene Maschinen am Flughafen Schönefeld, der Ende Oktober 2020 durch den neuen Hauptstadtflughafen BER ersetzt wurde.
  • Mit dem neuen Wartungshangar hat Easyjet seine bereits seit 2020 am BER bestehende Wartungsstation ausgebaut.
  • Die 10 000 Quadratmeter große Halle wurde in Stahlleichtbauweise auf einem 11 500 Quadratmeter großen Areal errichtet.
  • Am Airport BER hat Easyjet einen Marktanteil von 23 Prozent und zählt damit zu den großen Stützen des notorischen Problemflughafens.
  • Insgesamt verfügt Easyjet über rund 330 Airbus-Flugzeuge, mit denen im vergangenen Jahr etwa 90 Millionen Passagiere auf 1100 Routen zu Zielen in 35 verschiedenen Staaten befördert wurden.
  • Das Unternehmen beschäftigt 12 000 Personen, darunter 3300 Piloten und über 7500 Flugbegleiter. af

    Doch das ist noch Zukunftsmusik. Einstweilen gibt es kleine Schritte. So sollen in Porto, Lissabon, Paris, Nizza oder Toulouse stationierte Maschinen zur regelmäßigen Wartung (im Winter abhängig von den Einsatzzeiten etwa alle zwei Monate, im Sommer alle drei Monate) nicht leer zum BER gebracht, sondern so in den Flugplan eingetaktet werden, dass sie Passagiere an Bord haben. Das schone nicht nur die Umwelt, sondern diene auch dem Profit, erläutert Flottenmanager Werner Kiemayer. Was bei den Wartungen zum Beispiel gemacht wird? Ölstand kontrollieren, Getriebe schmieren, Reifen wechseln, Bremsen und andere Verschleißteile austauschen. 65 Mitarbeiter werden dafür in Schichten rund um die Uhr im Einsatz sein und doch nicht alles schaffen. Auf angemietete Wartungskapazitäten der Lufthansa in Mailand werde Easyjet auch mit dem neuen Hangar am BER nicht verzichten, sagt Kiemayer. Der Aufbau eigener Kapazitäten erfolge seit drei Jahren und folge einem neuen Kurs des Insourcing. Im Gegensatz zum berüchtigten Outsorcing in der Wirtschaft, dem Ausgliedern von Betriebsteilen oder Produktionsschritten, wird dabei wieder etwas hereingenommen in die Firma.

    Eigene Wartungshangars unterhält Easyjet in Großbritannien inzwischen an den Londoner Airports Gatwick und Luton sowie in Manchester, Liverpool und im schottischen Edinburgh. Der Hangar am BER ist der erste in Kontinentaleuropa. Man wolle an diesem Standort weiter investieren, versichert Direktor Haagensen.

    Wirtschaftsminister Steinbach ist dankbar für dieses Engagement. »Die Luftfahrtbranche hat unter der Coronakrise ganz gewiss gelitten«, erinnert er. Doch am 23. September 2021, als die Krise längst nicht ausgestanden gewesen sei, »haben wir hier mit Sand gespielt«, umschreibt Steinbach den Termin für den symbolischen ersten Spatenstich. Es sei keine Selbstverständlichkeit gewesen, dass das Projekt in diesen Zeiten im Kostenrahmen von 20 Millionen Euro und im durchaus ambitionierten Zeitplan geblieben sei. 50 neue Jobs gebe es nun. Insgesamt arbeiten mehr als 100 Ingenieure und Techniker in der Wartung und Instandhaltung, davon ein Teil nicht in der Halle, sondern auf dem Flugfeld, wo sie die gelandeten Maschinen ringsum durch Sichtkontrollen inspizieren. »Toi, to, toi« und dass die Halle frei von Arbeitsunfällen bleibe, wünscht Wirtschaftsminister Steinbach.

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