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Die meisten Täter sind selbst Opfer
Nicht nur strafen, sondern helfen: Gipfel gegen Jugendgewalt leitet Maßnahmen ein
Erst einmal seien sie skeptisch gewesen, ob dieser Gipfel etwas bringen werde, geben die Sozialarbeiter*innen Elvira Berndt und Kazım Erdoğan zu, die am Mittwoch zum Gipfel gegen Jugendgewalt im Roten Rathaus eingeladen waren. Über 20 Vertreter*innen von Senat, Bezirken, Polizei, Staatsanwaltschaft und Sozialarbeit berieten über Konsequenzen der massiven Krawalle und Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte durch Jugendliche in der Silvesternacht. Nun sei sie aber »sehr optimistisch«, sagt Berndt, die mit zwei jungen Leitern ihres Streetworker-Projekts Gangway gekommen ist, damit einmal mit und nicht immer nur über junge Menschen geredet wird.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sieht die Silvesternacht als »eine Zäsur für die Stadt Berlin«. Der Gipfel solle daher kein einmaliges Ereignis sein, sondern eine »konzertierte Aktion« gegen Jugendgewalt einleiten, die in vier Arbeitsfelder gegliedert wird: eine intensivere Sozialarbeit mit Elternhäusern und Schulen, mehr außerschulische Jugendsozialarbeit, die Schaffung und Sicherung von Orten für Jugendliche sowie eine konsequente Strafverfolgung. »Die ausgestreckte Hand auf der einen Seite und ein klares Stoppsignal auf der anderen gehören zusammen«, begründet Giffey.
Die meisten jungen Täter hätten selbst Opfererfahrungen gemacht, seien zum Beispiel häuslicher Gewalt ausgesetzt. »Wir müssen ihnen zeigen, dass es eine Alternative zur Gewalt gibt«, sagt Giffey. Viele hätten kein eigenes Zimmer, keine Treffpunkte, würden überall weggeschickt. Daher bräuchten Jugendprojekte längerfristige Perspektiven, anstatt Jahr für Jahr neue Förderungen beantragen zu müssen. Auch geschlossene Sportplätze sollten wieder öffnen. Außerdem müsse man zu den Eltern gehen. »Wir brauchen mehr Väter- und Jungengruppen«, sagt Kazım Erdoğan, der auch Vorsitzender des Beirats für Familienfragen des Senats ist.
Auch von Seiten der Polizei gebe es präventive Maßnahmen und Beratungsangebote in Zusammenarbeit mit lokalen NGOs und Schulen. Bei Mehrfachstraftätern müsse aber auch konsequent das Jugendstrafrecht angewendet werden, betont Giffey. Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) zufolge werden die ersten Verfahren bereits in einer Schwerpunktabteilung bearbeitet.
Bis zu einem weiteren Treffen am 22. Februar sollen konkrete Konzepte ausgearbeitet und der Finanzbedarf geklärt sein. Giffey geht von einem mehrstelligen Millionenbetrag aus, der aus dem Haushalt für außerplanmäßige Maßnahmen mobilisiert werde. Für März kündigte sie einen Beschluss des Senats an. Die Wiederholungswahl solle den Prozess nicht aufhalten.
Angesprochen auf die Aussage von CDU-Bundeschef Friedrich Merz, es gebe ein »veritables Problem mangelnder Integration junger Menschen«, vor allem »aus dem arabischen Raum, die nicht bereit sind, sich hier an die Regeln zu halten«, erklärt Giffey: »Das stimmt nicht.« Die meisten Jugendlichen, um die es gehe, seien in Berlin aufgewachsen. »Das sind Berliner Kinder, die Ausgrenzungserfahrungen haben.«
Die Berliner CDU kritisierte den Gipfel als »puren Aktionismus«. Während die Partei seit Jahren eine vernünftige Ausstattung für die Polizei und bessere Sozialarbeit gefordert habe, hätten »SPD, Grüne und Linke die Augen verschlossen und um Probleme herumgeredet«, behauptet der Vorsitzende Kai Wegner. Clara Hermann, Grünen-Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, wendet sich gegen eine »Instrumentalisierung eines solch wichtigen Themas für die Wahlkampfarbeit«. Doch auch sie fordert mehr Räume für Jugendliche sowie mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung.
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