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Aktivistin der Letzten Generation verurteilt

Die Gruppe spricht von einer Haftstrafe »wegen Formfehlern«. Laut Gericht handelt es sich um eine Geldstrafe

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 3 Min.

Einer Aktivistin der Letzten Generation drohen nach Angaben der Klimagruppe 300 Tage im Gefängnis. Im Prozess gegen Sonja Manderbach am Dienstag vor dem Amtsgericht Tiergarten lehnte die zuständige Richterin den Einspruch der Angeklagten gegen zwei Strafbefehle ab. Die Kirchenmusikerin und Aktivistin aus Niedersachsen hatte sich mehrfach an Straßenblockaden und anderen Protesten der Letzten Generation beteiligt.

Gegen die Strafbefehle wegen des Vorwurfs der Nötigung und teilweise auch Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte legte sie Einspruch ein. Da die digitale Signatur nicht den Vorschriften entsprach, akzeptierte die Richterin den Einspruch nicht. »Die Angeklagte soll nun für 300 Tage in Haft«, teilt die Letzte Generation mit.

»Das stimmt so nicht«, stellt Gerichtssprecherin Lisa Jani klar. Erstens handele es sich nicht um eine Haft-, sondern um eine Geldstrafe. Die beiden am Dienstag verhandelten Verfahren sahen eine Strafe von 30 Tagessätzen zu 50 Euro und eine von 50 Tagessätzen zu 30 Euro vor. Die Letzte Generation spricht dagegen von 300 Tagessätzen zu je 40 Euro. Tatsächlich laufen gegen Manderbach laut Jani noch fünf weitere Verfahren. Würde man die Strafbefehle zusammenrechnen, käme man auf 320 Tagessätze – von denen allerdings erst 80 rechtskräftig sind.

Zudem würden Strafbefehle in Deutschland nicht, wie in den USA beispielsweise, einfach so zusammengerechnet. Wenn alle Verfahren abgeschlossen sind, werde ein Gesamturteil über die endgültige Anzahl von Tagessätzen verhängt. Da Sonja Manderbach nicht bereit ist, eine Geldstrafe zu zahlen, geht die Letzte Generation davon aus, dass es letztendlich zu einer Ersatzfreiheitsstrafe kommt.

»Entweder sie sprechen mich frei oder ich gehe ins Gefängnis. Es wird von der Gesellschaft nicht unbemerkt bleiben, dass ich und andere der Letzten Generation unverhältnismäßig hart bestraft werden, weil wir unsere Mitmenschen vor den tödlichen Folgen der ungebremsten Klimakatastrophe retten wollen«, erklärt Manderbach.

So schnell gehe das aber nicht, erklärt Lisa Jani. Die Aktivistin habe gegen alle Strafbefehle Rechtsmittel eingelegt, über die noch verhandelt werden müsse. Wenn es irgendwann zu einer Zahlungsaufforderung komme und die Angeklagte sich weigere zu zahlen, gebe es auch noch das alternative Angebot, die Strafe in einem sozialen Bereich abzuarbeiten. »Im Moment ist noch alles offen«, betont Jani. Letztlich müsste Manderbach auf keinen Fall »wegen Formfehlern« ins Gefängnis. Zwar müsse ein digitaler Einspruch tatsächlich gewisse formale Ansprüche erfüllen; das sei gesetzlich festgelegt, und darüber erhalte jede*r Angeklagte eine ausführliche Belehrung. Die Anklage beziehe sich dennoch auf die Vorwürfe Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Laut der Letzten Generation ist die Rechtslage in dieser Hinsicht jedoch nicht eindeutig. In einem Prozess vor dem Amtsgericht Freiburg Ende vergangenen Jahres wurde ein Klimaaktivist, der sich an Straßenblockaden beteiligt hatte, vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen. Außerdem verweist die Gruppe auf Fälle in Berlin, in denen Richter*innen die Proteste der Letzten Generation angesichts der Klimakrise »nicht verwerflich« genannt hatten.

Sonja Manderbachs Tochter unterstütze ihre Mutter in ihrem Protest: »Es ist richtig, dass du das machst«, sagt die 15-Jährige.

Letzte Generation: Für das Klima gehe ich ins Gefängnis

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