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  • Fußball-WM in Katar

Die Suche nach Allianzen gegen die Fifa

Nach der umstrittenen WM überlegt der DFB, wie er mit dem Weltverband umgehen will

  • Andreas Morbach
  • Lesedauer: 5 Min.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf ist ein freundlicher, auskunftsfreudiger Mann – der seine Erlebnisse bei der Fußball-WM in Katar gerade in aller Offenheit eingeordnet hat. »Ich bin erst seit zehn Monaten dabei«, erwähnte er bei einer Podiumsdiskussion in Köln und berichtete: »Das waren meine ersten Erfahrungen mit der Fifa. Und die waren krass.« Als Konsequenz daraus will der gebürtige Dürener dem Fußball-Weltverband und dessen Präsident Gianni Infantino nun besonders scharf auf die Finger schauen. Mit Blick auf den 5. April, an dem Neuendorf ins Fifa-Council gewählt werden soll.

Der 61-Jährige ist der einzige Kandidat für den Platz in dem Gremium, der durch den Rückzug des ehemaligen DFB-Funktionärs Peter Peters frei wurde. Und im Auge hat er zunächst vor allem die Entschädigungszahlungen an die Gastarbeiter in Katar, die Infantino zugesichert hat. »Wir müssen jetzt gucken: Wie ernst ist das wirklich gemeint? Was passiert da in den nächsten drei Monaten. Das ist ja kontrollierbar, und da sind wir in der Verantwortung«, betont Neuendorf – der verhindern will, dass Katar schnell vergessen ist und der Blick sich allein auf die nächsten Großereignisse im Fußball richtet.

Andererseits scharrt Saudi-Arabien, dessen Bewerbung um die WM 2030, gemeinsam mit Griechenland und Ägypten, im Raum steht, schon mit den Hufen. »Die Debatte über die Einhaltung der Menschenrechte muss geführt werden, und zwar bevor wir über die nächsten Bewerber und Länder sprechen«, fordert Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International Deutschland, in diesem Zusammenhang.

DFB-Präsident Neuendorf pflichtet den grundsätzlichen Ansichten von Beeko bei – und nennt einen zentralen Ansatz. »Wir müssen Allianzen schmieden, das ist wichtig«, sagt er, führt Länder wie England, die Niederlande, Belgien oder Dänemark als Gleichgesinnte an und spricht sich parallel dazu gegen einen harten Konfrontationskurs gegen die Fifa aus.

Man dürfe sich nicht in der Position gefallen, einfach gegen Gianni Infantino zu sein, und glauben, das sei die Lösung. »So wird man wenig oder gar nichts erreichen. Man muss mit den Akteuren, die Verantwortung tragen, reden«, propagiert Neuendorf den diplomatischen Weg, weiß aber zugleich: »Der Fortschritt ist eine Schnecke.«

Den Spagat zwischen den langsam mahlenden Mühlen der Fifa und einem entschlosseneren persönlichen Vorgehen zu schaffen, bleibt trotzdem ein wichtiges Ziel für ihn. Gerade nach den Erfahrungen aus Katar – wo der FC Bayern vor dem Neustart der Bundesliga in einer Woche soeben mal wieder sein Trainingslager veranstaltet hat. Aus einigen Teilen der eigenen Fanszene bekommt der deutsche Rekordmeister deshalb immer wieder heftigen Gegenwind. Über eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Sponsorenvertrags mit Qatar Airways wird aktuell verhandelt.

Nicht ans Geld, sondern an den Umgang mit politischen Botschaften denkt Bernd Neuendorf inzwischen beim Stichwort Katar. Und dabei hat er aus den WM-Tagen am Persischen Golf eine zentrale Erkenntnis gewonnen: »Wir hätten alle Fragen, was mit der ›One Love‹-Binde passiert, nicht so nah an das Turnier heranlassen dürfen. Wir hätten Infantino besuchen, zur Fifa nach Zürich reisen müssen. So waren wir bis zum Schluss im Ungewissen«, rekapituliert Neuendorf, der von einer »Hinhaltetaktik« des Weltverbands spricht, selbstkritisch.

Internationale Allianzen könnten auch bei solchen Themen künftig hilfreich sein, findet Deutschlands oberster Fußballfunktionär. Nach Androhung sportlicher Sanktionen durch die Fifa war die Geste des Mund-Zuhaltens der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich das DFB-Team vor seinem ersten WM-Auftritt gegen Japan letztlich einigte.

»Ich hätte mir im Vorfeld für die Spieler gewünscht, dass sich Oliver Bierhoff hinstellt und sagt: So und so läuft das. Dann ist er vielleicht der Buhmann – aber so läuft das manchmal«, erklärte die frühere Nationalspielerin Sonja Fuss, die prinzipiell der Ansicht ist: »Man hätte die Spieler besser schützen können und sollen.« Während Werner Wolf, der Präsident des 1. FC Köln, der bei der Veranstaltung im Deutschen Sport- & Olympia-Museum neben der zweimaligen Weltmeisterin saß, ergänzend kommentierte: »Wegen solcher Sachen hat man die Spieler blamiert.« Und: »Ich habe Bernd Neuendorf ein paar Ideen übergeben, wie man das künftig besser machen kann.«

Einer, der solche und ähnliche Fragen als möglicher Nachfolger von Bierhoff als Sportdirektor bis zur Heim-EM 2024 demnächst vielleicht zu lösen hat, ist Rudi Völler. Die fünfköpfige DFB-Taskforce, die unter anderem die Besetzung dieses zentralen Postens klären soll und der auch Völler angehört, trifft sich in der kommenden Woche zur nächsten Sitzung. Dem Treffen der Fünferrunde inhaltlich vorgreifen wollte Bernd Neuendorf bei seinem Auftritt am Kölner Rheinufer naturgemäß nicht.

»Wir werden in Ruhe schauen und uns nicht am Namedropping beteiligen«, erklärte der DFB-Präsident zur Personalie Völler stattdessen. Ein paar wohlwollende Worte über den langjährigen Sportchef von Bayer Leverkusen, der bei den Rheinländern schon seine Karriere als Aktiver ausklingen ließ und dort später auch zweimal als Interimscoach aushalf, ließ er aber doch einfließen. »Ich schätze ihn außerordentlich, wir haben ein sehr gutes, vertrauensvolles Verhältnis«, betonte Bernd Neuendorf und bezeichnete den 62-jährigen Völler als »guten Typ«. Bleibt nur die Frage, ob dieser gute Typ, der von 2000 bis 2004 bereits als Teamchef fungierte, tatsächlich noch einmal in verantwortlicher Position beim DFB einspringen soll.

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