- Kommentare
- Christine Lambrecht
Machtvakuum
Daniel Lücking zur Personalie im Verteidigungsministerium
Geradezu leidenschaftlich arbeiteten sich konservative Medien, aber auch Verteidigungs- und Außenpolitiker*innen an Äußerlichkeiten und Banalitäten rund um die scheidende Verteidigungsministerin Christina Lambrecht (SPD) ab. Doch wer bei Lambrecht nur Stöckelschuhauftritte in Mali oder empathiebefreite Äußerungen in den Sozialen Medien kritisiert, lenkt vom Wesentlichen ab. Lambrecht trat an und vermied es geradezu, sich zu profilieren. Ihre Vorgänger*innen konnten sich stets durch Strukturreformen oder anlässlich von Krisen im Ressort, wie die um die rechtsradikalen Elitekämpfer, kompetent in Szene setzen. Und sei es nur dadurch, dass sie Militärs das Heft des Handelns überließen.
Dafür existieren im Verteidigungsministerium seit jeher etablierte Handlungsmuster. Ein Krieg in Europa jedoch, der der Blockkonfrontation der Großmächte gleicht, der sich nicht in Nato-Verantwortung ausblenden oder ins Außenpolitische wegmoderieren ließ, war nicht nur für Lambrecht Neuland.
Schon Wochen vor Kriegsbeginn bescheinigten Kommentatoren der Ministerin einen holprigen Start. Die Truppe liebäugelte stets mit der in Rüstungskreisen längst bestens vernetzten Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). In Lambrechts Amtszeit wurde bislang vor allem deutlich: Niemand wollte und will sie an diesem Platz. Dieses Machtvakuum gab Leuten wie dem mittlerweile abgetretenen ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk, der Verteidigungsausschussvorsitzenden Strack-Zimmermann, dem Heeresinspekteur Alfons Mais und zu vielen anderen die Möglichkeit, die Verteidigungspolitik zu beeinflussen und zu bestimmen. Ihre Chance, das Verteidigungsministerium zu führen, hat Lambrecht nicht genutzt. Man will ihr diese Chance aber auch nicht lassen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.