Entsolidarisierung

Warum Christian Lindner den Soli nicht verteidigen will

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Manchmal fragt man sich, ob die FDP nun auf der Regierungs- oder der Oppositionsbank sitzt. Zumindest zieht Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner mit dem Solidaritätszuschlag gerade seinen eignen Stiefel durch. Dass er ihn von seinem Ministerium nicht beim Bundesfinanzhof verteidigen lässt, ist auch ein Affront gegen die Koalitionspartner aus SPD und Grünen.

Beim Soli geht es nicht allein um die rein rechtliche Frage, ob er noch verfassungsmäßig ist oder nicht. Er ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, denn er wird nur noch von den Reichsten im Land entrichtet. Wenn Lindner den Soli nicht verteidigen will, dann will er vor allem eines: Steuergeschenke für jene, die keine Geschenke brauchen. Und das in einer Zeit, in der sich immer mehr die Einsicht durchsetzt, dass reiche Haushalte eher mehr denn weniger zur Allgemeinheit beitragen sollten. Und dies zeigt sich nicht nur in Umfragen. Selbst der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die sogenannten Wirtschaftsweisen, spricht sich in seinem jüngsten Gutachten für einen befristet erhöhten Spitzensteuersatz oder einen Energiesoli für Spitzenverdiener aus. Dabei war dieses Gremium mit Blick auf Forderungen nach höheren Steuern bisher eher unverdächtig. Und sie sind nicht die einzigen Ökonom*innen, die dies in postpandemischen Zeiten der Energiepreiskrise fordern. In einer Befragung des Münchner Ifo-Insituts unter 153 Professor*innen sprach sich eine Mehrheit ebenfalls für einen höheren Spitzensteuersatz aus.

Lindner will wider ökonomischer Vernunft die Steuern senken. Damit trägt er zu einer Entsolidarisierung in der Gesellschaft bei. Doch wenn er damit durchkommt, ist es nicht allein seine Schuld, sondern auch die von SPD und Grünen, die ihn gewähren lassen haben.

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