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Geldautomatensprenger: Erfolge gegen »Audi-Bande«
Durchsuchungen in den Niederlanden, Festnahmen nach Verfolgung auch in Nordrhein-Westfalen
Ermittlern aus Bayern und Baden-Württemberg ist offenbar ein Fahndungserfolg im Bereich von Geldautomatensprengungen gelungen. Seit mehr als einem Jahr ermitteln die Staatsanwaltschaft Bamberg und die Kriminalämter beider Bundesländer gegen eine Gruppe, denen über 50 Straftaten zugeordnet werden. Am Montag wurden dabei in den Niederlanden neun Haftbefehle vollzogen und 16 Objekte durchsucht.
Die Verhafteten werden dringend verdächtigt, 34 Automaten in Bayern, 17 in Baden-Württemberg sowie einen in Thüringen gesprengt zu haben. Es handele es sich um eine der größten Aktionen gegen Geldautomatensprenger in den Niederlanden, so die Behörden.
Die mutmaßlichen Täter sollen im November 2021 mit ihrer Serie begonnen und insgesamt 5,2 Millionen Euro erbeutet haben. Pro Überfall seien dabei bis zu 250 000 Euro erbeutet worden, schreibt die EU-Agentur Eurojust, die für die Koordination grenzüberschreitender Straftaten zuständig ist.
Für ihre Verfolgung haben die Behörden eine gemeinsame Ermittlungsgruppe im Bereich der Organisierten Kriminalität gebildet, an der bis zu 15 Beamte beteiligt waren. Bei den Zugriffen in mehreren niederländischen Städten seien Zehntausende Euro Bargeld, »Luxuskleidung und Luxusuhren« sowie ein mutmaßliches Tatfahrzeug sichergestellt worden. Laut Eurojust seien außerdem vier Kilo Sprengstoff in neun Paketen beschlagnahmt worden, außerdem Taser, Navigationsgeräte und ein digitaler Funkscanner.
Bei den Festgenommenen soll es sich um Männer im Alter von 25 bis 41 Jahren mit Aufenthalt in den Niederlanden handeln, schreiben die Behörden. Sie seien niederländische, marokkanische, afghanische, türkische oder rumänische Staatsangehörige. Nach drei weiteren Mittätern werde aktuell noch gefahndet.
Die neun Verdächtigen wurden einem Haftrichter in den Niederlanden und Belgien vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat ihre Auslieferung nach Deutschland beantragt. Dort sollen sie wegen schwerem Bandendiebstahl, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Zerstörung eines Bauwerkes in mehreren Fällen vor Gericht gestellt werden.
Bundesweit nehmen die Geldautomatensprengungen weiter zu, 2022 habe die Polizei 493 vollendete Sprengungen gezählt, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf einer Pressekonferenz in München, die Zahlen stammten demnach vom Bundeskriminalamt (BKA). Im Vergleich zu 2021 ist dies mit damals 392 Fällen eine Zunahme von 27 Prozent. Teilweise seien im vergangenen Jahr bis zu fünf Geldautomaten in einer Nacht explodiert, berichtet die »FAZ« unter Berufung auf das BKA.
In den Anfängen hatten die Täter die Automaten mit Gas geknackt, das in die Geräte eingeleitet und entzündet wurde. Bundesweit werden in den letzten Monaten vermehrt feste Explosivstoffe verwendet, die aus sogenannten Cobra-Böllern zusammengemischt werden. Diese Explosionen richten weitaus größere Schäden an Gebäuden an als das früher verwendete Gas.
Auch die nun in Bayern und Baden-Württemberg hochgenommene Gruppe soll ausschließlich Festsprengstoff verwendet haben. In zehn Fällen ermittelt die dortige Staatsanwaltschaft deshalb gegen die Festgenommenen wegen versuchten Tötungsdelikten, bei denen Menschen durch die Sprengungen »in besondere Gefahr gebracht wurden«.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) bezeichnete die Geldautomatensprengung am Donnerstag als »Banküberfall der Moderne«. Für ihre Fluchten benutzen die Täter hochmotorisierte Fahrzeuge der Marke Audi, unter Ermittlern firmieren sie deshalb als »Audi-Bande«. Die Drahtzieher und Ausführenden der Taten werden vom BKA hauptsächlich in den Niederlanden vermutet, die meisten Straftaten in diesem Bereich erfolgen im benachbarten Nordrhein-Westfalen.
Auch dort hatten die Ermittler in dieser Woche einen Erfolg vermeldet. Nach einer versuchten Sprengung eines Geldautomaten in der Kleinstadt Kierspe im westlichen Sauerland wurden die mutmaßlichen Täter von der Polizei verfolgt, dabei sollen sie die Beamten mit einem Laserpointer geblendet haben. In einer Sackgasse sei der Audi schließlich gestoppt worden, so die Staatsanwaltschaft Hagen und die zuständigen Kreispolizeibehörden. Die drei Insassen im Alter von 23 bis 24 Jahren seien zu Fuß in ein Waldstück geflüchtet, wo sie schließlich mit Unterstützung eines Polizeihubschraubers festgenommen wurden. Dabei hätten die Beamten auch Pfefferspray eingesetzt.
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