Aufgetaucht

Das neue Album des Frank Popp Ensembles ist vielleicht besser als ihr erstes

  • Jens Buchholz
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor etwa 14 Jahren ist das Frank Popp Ensemble einfach verschwunden. 2003 hatte die Band den Hit »Hip Teens don’t wear Blue Jeans«. Ein fantastischer Song. Durch und durch Northern Soul. Beim ersten Hören hätte man fast glauben können, es handele sich um einen wieder ausgegrabenen Klassiker. Das im selben Jahr veröffentlichte Album »Ride on!« hielt den Standards, die der Hit gesetzt hatte, stand.

Kaum zu glauben, aber Popps musikalische Sozialisation begann mit Metal. Später stieß er auf die Punk- und Psychobilly-Szene. Und hier begegnete ihm zum ersten Mal »Northern Soul«. Das ist die britische Subkultur, die Ende der 60er Jahre amerikanische Soul-Klassiker abfeierte und damit wiederum zu einem großen Einfluss auf Mod-Bands wie The Jam oder The Style Council wurde.

Popp begann an seinem Computer mit Samples dieser Musik zu experimentieren. Auf der ersten Single »High Voltage« hört man das noch deutlich. Das klingt alles noch sehr nach Fat Boy Slim, Moby oder sogar Deee-Lite. Als Popp der Jazz-Sängerin Sam Leigh-Brown begegnete, war das Konzept »Frank Popp Ensemble« geboren. Vor allem »Hip Teens« kam in Indie-Kreisen gut an. Für Live-Auftritte stellte Frank Popp eine neunköpfige Band zusammen, kombinierte deren Sound aber weiterhin mit Samples. Für den Durchbruch sorgte dann ein Coca-Cola-Werbespot mit »Hip Teens«.

Das neue Album »Shifting« schließt nun 14 Jahre nach der letzten Frank-Popp-Veröffentlichung nahtlos an diesen Sound an. Und dieser ist keinesfalls veraltet. Vielleicht ist die neue Platte sogar besser als »Ride on!«. Das musikalische Spektrum des Ensembles hat sich erweitert. 15 souveräne Songs ohne einen einzigen Durchhänger.

Alle Songs eint, dass sie klingen wie das träumende Kalifornien an einem Wintertag in den späten 60er Jahren. Aber auch wie Berlin auf einer Party im Februar 2023. Keine Retromusik, aber eine Referenzorgie.

Die größte Überraschung ist sicherlich das Stück »Veil«. Es klingt, als habe Lee Hazelwood versucht, den Klang der Beatles aus ihrer »Revolver«-Zeit in seine Songs zu übertragen. Eine magische Mischung! Echte Frank-Popp-Momente sind die von Jesper Munk gesoulten Songs »Turn up« und »Born to lose«.

Auch ein großartiger Soul-Kracher ist das von Kat Ott gesungene »Save me Saturday«. »Drifting« dagegen klingt, als hätten Air schon in den späten 60ern Probeaufnahmen für »Moonsafari« gemacht. Und »Your Heroes« hört sich ein bisschen so an, als hätten Air Iggy Pop oder Jarvis Cocker oder beide als Sänger gewonnen. Dabei ist es nur Munk, der hier singt und eine unglaubliche Wandlungsfähigkeit zeigt. Das mit Aydo Abay eingespielte »Vertigo« klingt dagegen ein bisschen nach den späten Pixies. Natürlich ist auch Sam Leigh-Brown wieder dabei und singt ein durch und durch gelungenes Cover von Bobby »Blue« Blands »Ain’t No Love In The Heart Of The City«.

Zum Genuss des Albums trägt übrigens erheblich bei, dass Frank Popp Grafikdesigner ist. Nicht nur die Musik auf dieser Platte ist wunderschön, sondern auch das Cover.

Frank Popp Ensemble: »Shifting« (Unique)

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