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Starterlaubnis für den Betriebsrat
Fluggesellschaft Malta Air kann Mitbestimmung am Airport BER zunächst nicht verhindern
Geiz ist das Geschäftsmodell der irischen Billigfluglinie Ryanair. Boss Michael O’Leary macht mit einer übertriebenen Sparsamkeit sogar noch Werbung. Mitarbeiter in der Verwaltung sollen sich ihre Stifte da besorgen, wo es welche umsonst gibt. Billige Stehplätze im Flugzeug sind zwar aus Sicherheitsgründen untersagt. Aber mit so einer Schnappsidee erregt O’Leary Aufmerksamkeit – und darauf kommt es ihm an. Ähnlich verhält es sich mit dem Gedankenspiel, von den Passagieren einen Euro Gebühr für die Benutzung der Toilette zu verlangen. Wer während des Fluges einhält, hätte ein bisschen Geld gespart. Das Signal an die Passagiere: So billig wie mit Ryanair können sie wohl kaum mit einer anderen Fluglinie ans Ziel gelangen.
Auch bei der 2019 gegründeten Tochtergesellschaft Malta Air Limited – nicht zu verwechseln mit der staatlichen Fluggesellschaft Air Malta – wird um kleinste Beträge gerungen. Es sei bei Malta Air alles völlig anders organisiert als beispielsweise bei der britischen Billigfluglinie Easyjet, argumentiert Personalchef Shane McCarthy am Mittwoch vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Für den Standort am Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld gebe es wie für die 36 anderen Standorte von Malta Air in acht verschiedenen Staaten nur einen sogenannten Basis-Kapitän und keinen Geschäftsführer mit Weisungsbefugnis wie bei der Konkurrenz. Der Basis-Kapitän sei ein Pilot oder Flugbegleiter, der nur einen Tag in der Woche im Büro am BER anzutreffen sei und ansonsten im Cockpit sitze oder in der Kabine die Passagiere betreue. Dieser Basis-Kapitän habe »absolut keine« Weisungsbefugnisse. Die Dienstpläne werden McCarthy zufolge bei Ryanair in Dublin gemacht, und auch andere Entscheidungen fallen dort oder auf der Insel Malta.
»Die Arbeit wird ausgeführt in einem Flugzeug, das in Malta registriert ist und nicht in einem Büro im Flughafen«, beteuert der Personalchef. Je zwei Stewardessen halten sich allerdings in dem Büro zur Verfügung, um einzuspringen, wenn eine Kollegin ausfällt. Sollen sie sich in der Zeit des Bereitschaftsdienstes nützlich machen, vielleicht Papier in den Drucker nachfüllen? Sie sollen höchstens den Raum sauber halten, versichert McCarthy. Warum sich Richter Aino Schleusener für solche Dinge interessieren sollte? Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat die 100 Piloten und 200 Flugbegleiter der Schönefelder Basis für den 7. März ins neue Intercity-Hotel am Airport BER eingeladen. Dort sollen diese 300 Beschäftigten von Malta Air Limited für ihren Standort einen Betriebsrat wählen. Dagegen beantragte die Fluggesellschaft eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht Cottbus. Am Mittwoch landete der Streit zur Entscheidung beim Landesarbeitsgericht in Berlin.
Malta Air befürchtet unzumutbare Kosten, wenn das Beispiel Schule macht und an den anderen sechs Standorten in Deutschland auch noch Betriebsräte gegründet werden. Allein für die 300 Beschäftigten in Schönefeld würde es neun Betriebsräte geben, von denen einer für die Betriebsratstätigkeit komplett freigestellt werden müsste. Auch die anderen würden sich stundenweise für ihre Kollegen einsetzen. Aber von den deutschen Standorten zählt außer dem am BER nur noch der am Flughafen Köln-Bonn so viele Beschäftigte, dass ein Kollege komplett für die Betriebsratsarbeit freizustellen wäre, erläutert Gewerkschaftssekretär Dennis Dacke. Seine Mitstreiterin Antje Dieterich ergänzt, angeblich seien die Piloten »unverzichtbar« und es würden Flüge ausfallen, während die Piloten am 7. März einen Betriebsrat wählen. Das würde tatsächlich einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen. Doch da Verdi mit einem Vorlauf von fünf Wochen eingeladen habe, lasse sich die Versammlung ohne ausfallende Flüge organisieren, versichert Dieterich. Sie geht davon aus, das Argument sei nur vorgeschoben und Malta Air wolle prinzipiell keinen Betriebsrat. Das sei ziemlich eindeutig.
Richter Schleusener kann nicht erkennen, dass die Basis in Schönefeld ganz offensichtlich kein Betriebsteil sei, der nach deutschem Betriebsverfassungsgesetz einen Betriebsrat haben darf. Es müsste aber offensichtlich sein, wenn die Justiz eine einstweilige Verfügung gegen die Wahlversammlung erlassen soll. Schleusener weist schlussendlich die Beschwerde von Malta Air gegen die vorausgegangene Entscheidung des Arbeitsgerichts Cottbus zurück, das keine einstweilige Verfügung erlassen wollte.
Jetzt kann Malta Air erst gegen den Betriebsrat klagen, wenn er gewählt ist. Ein Urteil dazu wäre drei Jahre später zu erwarten, bei einem langen Weg durch die Instanzen vielleicht erst sieben Jahre später. So lange müsste sich Malta Air mit dem Betriebsrat herumschlagen, beschwert sich Ursula Neuhoff, die Rechtsanwältin der Fluggesellschaft. Einen Tarifvertrag gibt es nicht.
Die Darlegung von Personalchef McCarthy, es sei bei Malta Air alles komplett anders organisiert als bei der Konkurrenz und überhaupt nicht vergleichbar, wundert den Verdi-Anwalt Daniel Weidmann nicht. Solche Ausflüchte von Unternehmen kennt er aus seiner Berufspraxis als Rechtsanwalt zur Genüge – nicht nur aus der Luftfahrtbranche, sondern auch aus der Industrie.
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