Der Wiederaufstieg der FPÖ

Dieser Tage liegen Mob und Elite für die FPÖ sehr nah beisammen, kommentiert Natascha Strobl

  • Natascha Strobl
  • Lesedauer: 4 Min.

Österreich ist ein lustiges Land. Fasching wird gerne und ausgiebig gefeiert. Sei es auf den traditionellen Bällen, wo man für eine Karte für einen Nobelball gut und gerne ein durchschnittliches Jahresgehalt zahlen muss, oder auf den allseits beliebten Kinderfaschingsveranstaltungen, die nicht nur deutlich günstiger sind, sondern auch ein angenehmeres Klientel anziehen. Krapfengeruch liegt in der Luft und überall schunkelt und tanzt man bis zum Aschermittwoch.

Zum Ende des Faschings gibt es gleich zwei wichtige Ereignisse für das rechtsextreme Lager in Österreich. Der Aschermittwoch bildet hier eine eigene politische Tradition. Der politische Aschermittwoch wird von der FPÖ besonders gern und derb begangen. Der aktuelle FPÖ-Chef Herbert Kickl bildet da keine Ausnahme, vielmehr treibt er die gewaltvolle politische Sprache der FPÖ zu einem neuen Höhe- beziehungsweise Tiefpunkt: Der amtierende Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird als »senil« und als »Mumie« betitelt, die Klimaministerin Leonore Gewessler solle am besten auf einem Besen reiten und natürlich darf Verschwörungsgeraune von einer angeblichen Agenda zur Entwurzelung des Volkes nicht fehlen. Auch der oberösterreichische Landeshauptmann-Stellvertreter, der sich immerhin in einer Koalition mit der ÖVP befindet, zieht vom Leder und setzt die EU-Kommission mit Borkenkäfern gleich, die einen Wald befallen haben. Medien verunglimpft er pauschal als regierungstreu. Die »Coronaverbrecher« werden gar überall in der Gesellschaft ausgemacht.

Natascha Strobl
Natascha Strobl ist Politikwissenschaftlerin und Autorin aus Wien. Auf Twitter schreibt sie Ad Hoc-Analysen zu rechtsextremer Sprache und faschistischen Ideologien, für »nd« schreibt sie die monatliche Kolumne »Rechte Umtriebe«. Darin widmet sie sich der Neuen und Alten Rechten und allem, was sich rechts der sogenannten Mitte rumtreibt. Alle Texte auf dasnd.de/umtriebe.

Dass dies alles in der traditionell völkischen Hochburg im oberösterreichischen Ried im Innkreis just in der Jahn-Turnhalle stattfindet, passt da gut ins Bild.

Ein zumindest nach außen anderes Bild wird sich am 24. Februar in der noblen Wiener Hofburg, dem Amtssitz des verunglimpften Bundespräsidenten, bieten. Der Wiener Akademikerball, der eigentlich als »Wiener Kooperations-Ball« begonnen hat, hat etwas teure Eintrittkarten und statt Bierzelt-Stimmung gibt es die strammen Rituale der schlagenden Wiener Burschenschaften, die an diesem Tag feiern. Die Wiener Burschenschaften stehen selbst innerhalb der ohnehin weit rechten, deutschsprachigen burschenschaftlichen Szene am extremen Rand. Der Ball ist eine Machtdemonstration und Treffpunkt des Who-is-who der extremen Rechten in ganz Europa. Waschechte Nazis bis hin zu prominenten Politiker*innen wie Marine Le Pen waren schon zu Gast. Und natürlich die FPÖ, für die die Burschenschaften Personalreservoir und Ideologiegeberin zugleich sind.

Beide Veranstaltungen könnten in ihrer Außenpräsentation nicht unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite das rotgesichtige, derbe Witzereißen in Ried. Auf der anderen Seite die streng bürgerliche Etikette in teurer Robe in Wien. Man könnte dies alles als bierseliges Gepolter und seltsame Folklore des rechten Randes abtun, wäre die FPÖ nicht mit Abstand in allen Wahlumfragen die beliebteste Partei. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen auch im Versagen der anderen Parteien, ja sogar im aktiven Befördern der FPÖ und ihrer Themen. Sebastian Kurz hat als Kanzler noch lakonisch gesagt, dass das, was er über Asyl gesagt habe, vor wenigen Jahren noch als rechtsextrem gebrandmarkt worden sei. Er hat sich sehr darüber gefreut, dass dies nun nicht mehr der Fall ist.

Kurz und seine Getreuen glaubten, der FPÖ ein Schnippchen zu schlagen, indem sie deren Themen, Sprache und Strategien übernahmen. Doch statt die FPÖ auszubremsen wurde diese Art der Auseinandersetzung mit bestimmten Themen normalisiert. Statt rechtsextrem war es nun eben »normal«, Migrant*innen für alles Übel verantwortlich zu machen und bei Bedarf immer die »Ausländer-Karte« zu ziehen. Aber auch die SPÖ hat viele Fehler gemacht. Die Schwäche und Selbstdemontage der ÖVP verleitete die SPÖ zu der Ansicht, dass sie etwas richtig gemacht hatte, weil sie sich auf Platz 1 in den Umfragen wiederfand. Dieser Selbstbetrug war nur von kurzer Dauer, denn sehr schnell stieg die FPÖ auf. Unter Herbert Kickl wurde sie noch derber, noch aggressiver und noch gewaltvoller. Auch weil sie sich redlich um das neuentstehende verschwörungsideologische Spektrum bemühte und dafür belohnt wurde. So wurde es auch völlig normal, dass FPÖ-Politiker*innen Interviews geben, während im Hintergrund Galgen für die »Coronaverbrecher« herumgetragen wurden.

Hannah Arendt beschrieb Faschismus als Bündnis aus Mob und Elite. Dieser Tage liegen Mob und Elite für die FPÖ sehr nah beisammen.

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