- Politik
- Kennzeichnungspflicht
Polizei in Niedersachsen bald mit Kennzeichnung
Rot-Grün in Hannover plant Kennzeichnungspflicht für Beamte / Kritik aus der Polizeigewerkschaft
Bislang dürfen Einsatzkräfte der Polizei in Niedersachsen anonym bleiben. Kommt es seitens der Beamten zu Vorgehensweisen, die von Bürgern als rechtswidrig angesehen werden, und wollen diese gegen Polizisten Beschwerde erheben oder Anzeige erstatten, dann sind mögliche Ermittlungen schwierig. Schließlich sind die Namen der beschuldigten Polizeiangehörigen nicht bekannt.
Dieser Missstand soll in Niedersachsen durch eine Kennzeichnungspflicht behoben werden. Diese Pflicht gibt es bereits in anderen Bundesländern, beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Brandenburg war 2011 das erste Bundesland, das eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten eingeführt hat. Seit 2013 müssen die Beamten Namensschilder tragen, durch die sie nachträglich identifiziert werden können.
Wie im Detail die Regelung im zweitgrößten Bundesland umgesetzt werden kann, wird zurzeit diskutiert. Grundsätzlich hat das regierende rot-grüne Bündnis in Hannover zu der umstrittenen Pflicht ja gesagt und sie in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Dort heißt es: »Wir wollen vor dem Hintergrund der Entwicklung in anderen Bundesländern und im Bund eine anonyme individualisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeikräfte in geschlossenen Einsätzen einführen. Diese wird befristet und evaluiert.«
Namensschilder für die Polizisten wird es voraussichtlich in Niedersachsen nicht geben. Doch die Beamten sollen zunächst bei Großeinsätzen »anonymisiert identifizierbar« sein, womöglich mit Dienstnummern an der Uniform. Die Nummer gibt dann über interne Listen Aufschluss über die jeweilige Einheit und den einzelnen Beamten.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist verärgert darüber, dass die Landesregierung eine solche Kennzeichnungspflicht vorbereitet. Ihrer Ansicht nach ist sie ein Zeichen des Misstrauens. Kevin Komolka, Landesvorsitzender der GdP Niedersachsen, erklärt: »Aktuell sind die Kolleginnen und Kollegen in geschlossenen Einheiten bereits so gekennzeichnet, dass sie auf Ebene der kleinsten Organisationseinheit zuzuordnen sind. Eine zusätzliche persönliche Etikettierung ist unnötig.« Das SPD-geführte Landesinnenministerium dagegen meint, eine anonyme, aber individuelle Kennzeichnung könne helfen, »das Vertrauensverhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern weiter zu stärken«. Sie betont, die Kennzeichnungspflicht solle nicht als Generalverdacht gegen die Polizei verstanden werden.
Wann die Kennzeichnungspflicht in Niedersachsen eingeführt wird, ist offen. Dass es möglichst bald geschieht, dafür setzt sich die SPD-Nachwuchsorganisation ein. Schon vor rund sieben Jahren hatten die Jusos und die Grünen-Jugend eine Kennzeichnungspflicht gefordert, um Übergriffe von Polizeibeamten effektiver mit dem Strafrecht verfolgen zu können, erinnert sich Ronja Laemmerhirt, Co-Chefin des Landesverbandes der Jungsozialisten.
Andernorts hat man sich von der Kennzeichnungspflicht wieder getrennt: In Nordrhein-Westfalen hatte die 2017 ans Ruder gekommene schwarz-gelbe Landesregierung die von der Vorgängerregierung aus SPD und Grünen eingeführte Pflicht abgeschafft.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.