• Berlin
  • Energiewende in Brandenburg

Klimaneutralität nicht mehr freiwillig

Gutachten zum Klimaplan des Landes im Umweltausschuss des Landtags vorgestellt

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn Brandenburg seine ehrgeizigen Ziele beim Abbau der CO2-Emission erreichen will, muss es die notwendigen Maßnahmen allseits beschleunigen. Was das bedeutet, hat der Umweltausschuss am Mittwoch in der Debatte um den Klimaplan des Landes erörtert.

Es handelt sich inzwischen nicht mehr um freiwillige, sondern um gesetzlich angeordnete Ziele, sagte Professor Bernd Hischl vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung Berlin. Er verwies auf einschlägige Erkenntnisse des Weltklimarats, auf Beschlüsse der EU, auf das Pariser
Klimaabkommen sowie ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und legte ein 500 Seiten umfassendes Gutachten vor, dass der Erarbeitung des brandenburgischen Klimaplans zugrunde liegen soll.

Brandenburg sei gesetzlich verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden, unterstrich Hirschl. Obwohl in der Vergangenheit einiges geschehen sei, reiche es nicht, lediglich den Kohleausstieg zu betreiben. Noch würden die Kurven »in die falsche Richtung weisen«, so Hirschl. Es sei erforderlich, »doppelt so schnell« zu werden. Was bis 2030 nicht erreicht werde, gefährde das Gesamtprojekt. Bei Raumwärme und bei dem privaten Warmwasserverbrauch gelte es, die Hälfte der bislang zumeist auf Erdöl und Erdgas fußenden Energie einzusparen.

Einen ganzen Strauß von Maßnahmen legte der Professor in seiner Zuarbeit vor: 80 Maßnahmebündel mit 200 Einzelvorschlägen. Um das durchzusetzen, seien 200 neue Stellen im öffentlichen Dienst nötig. Doch sei die Abkehr von fossilen Energien nun einmal »kein Selbstläufer«. Hirschl zufolge sind mehr Windkraft- und Solaranlagen unabdingbar.

Das gilt für ihn trotz der Tatsache, dass nirgends mehr Windräder errichtet und Solarzellen installiert sind als in Brandenburg, was bedauerlicherweise zu den höchsten Strompreisen in ganz Deutschland führte. Sicher müsse sich der Ausbau »stärker auf ganz Deutschland verteilen«, merkte Hirschl dazu an. Er forderte das Land auf, »als Vorreiter entschlossen voranzugehen«. Dabei gelte es, so viele Menschen wie möglich »mitzunehmen«.

Auf ein großartiges Wirtschaftswachstum wird sich der von Hirschl geforderte »Transformationsprozess« nicht stützen können. Der Professor rechnet »konservativ« und geht von maximal einem Prozent Wirtschaftswachstum im Jahr aus.

Der Experte nannte die Technische Universität Cottbus eine »Speerspitze« beim Erforschen von Zukunftstechnologien und wehrte sich gegen den Vorwurf der AfD, er betreibe Lobbyarbeit und habe mit seinem Gutachten eine »Auftragsarbeit« vorgelegt. »Es geht um die Umsetzung gesetzlicher Verpflichtungen«, betonte Hirschl. Unterstützt wurde er von dem Landtagsabgeordneten Thomas Domres (Linke). »Dunkle Mächte sind hier nicht am Werk.« Der Landtag selbst habe
das Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Abgeordnete Christine Wernicke (Freie Wähler) indessen verwies auf das Lobby-Register der Bundesregierung, demzufolge Hirschls Institut 4,5 Millionen Euro jährlich vom Bund erhalte. »So muss man das Gutachten auch lesen«, meinte sie. Wernicke zufolge reicht es nicht, Kommunen finanziell am Ertrag von Windkraft- und Solaranlagen zu beteiligen. Die Windkraftabgabe sei kein Ersatz für die geminderte Lebensqualität der Anwohner.

Für den CDU-Abgeordneten Julian Brüning deutet sich das Problem an, dass Brandenburg als Energiequelle »grünen« Wasserstoff importieren könnte aus Ländern, die selbst ungerührt weiter Gas, Kohle und Öl verbrennen. »Was haben wir dann gekonnt?«

Da in Brandenburg einzig der Wald nennenswert CO2 absorbiert, fragte die Grünen-Abgeordnete Isabell Hiekel: »Können wir uns das Abholzen von Wäldern überhaupt noch
leisten?« Wenn jede Menge Acker verloren geht, um aufzuforsten sowie Windräder und Solaranlagen aufzustellen, könne dann überhaupt noch die Ernährung sichergestellt werden, wollte die Abgeordnete Anke Schwarzenberg (Linke) wissen. Hier hat Hirschl geringere Tierbestände durch veränderte Ernährungsgewohnheiten vorgesehen, also weniger Fleischkonsum.

Umweltminister Axel Vogel (Grüne) versicherte, bei der Erarbeitung des Klimaplans würden die Empfehlungen des Gutachtens keineswegs »eins zu eins« umgesetzt. Einen Entwurf des Plans kündigte Vogel für Ende des zweiten Quartals an.

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