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Warme Worte und harte Währung

Der Besuch von Chinas Staatschef in Moskau ist eine Zusammenkunft zweier Handelspartner

  • Daniel Säwert
  • Lesedauer: 4 Min.

Moskaus Straßen sprechen an diesem Montag Chinesisch. Auf Werbetafeln in der ganzen Stadt wird Staats- und Parteichef Xi Jinping in der russischen Hauptstadt begrüßt. Auch im Kreml dürfte die Freude über den Besuch aus Peking groß sein. Unisono betonten die Staatsmedien in den vergangenen Tagen, dass Xis erster Staatsbesuch nach seiner Wiederwahl als Staatspräsident ausgerechnet nach Moskau führe. Für die Propaganda ein Zeichen der Wertschätzung. Und auch dafür, dass der Westen es nicht schafft, einen Keil zwischen die beiden Länder zu treiben, die im Februar 2022, kurz vor Kriegsbeginn, ihre »unendliche Partnerschaft« ausriefen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es Xis erste Russlandreise seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine vor 13 Monaten ist und Chinas starker Mann monatelang nicht auf eine Einladung des Kreml reagierte.

Wenn es kleinere Spannungen zwischen Moskau und Peking gegeben hat, versuchten beide Staatschefs, diese mit Artikeln in den Zentralorganen des anderen Landes zu vertreiben. Putin sprach in seinem Beitrag für »Renmin Ribao« von China als »echtem Freund« und »Bruder«, mit dem Russland gemeinsam eine multipolare Welt aufbauen wolle. Ähnlich warme Worte fand Xi, auch in Moskau. Beim ersten öffentlichen Treffen lobte er seinen »guten Freund« Wladimir Putin und dessen Führungskraft, die Russland aufblühen lasse. Er sei sich sicher, dass die Menschen in Russland Putin bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr unterstützen werden.

Moskau erhofft sich von dem dreitägigen Treffen aber mehr als schmeichelnde Worte. In den Gesprächen sollen die wichtigsten Schlüsselfragen der bilateralen Beziehungen und deren Auswirkungen auf die internationale Gemeinschaft besprochen werden, kündigte der politische Berater des russischen Präsidenten, Jurij Uschakow im Vorfeld an. Xis Visite ist zwar als Staatsbesuch angekündigt, im Kern geht es aber um wirtschaftliche Fragen. »Verhandeln, verhandeln, verhandeln«, lautet das Motto in den kommenden Tagen in Moskau. Deswegen werde auch auf unnötige Zeremonien und teure Geschenke verzichtet, so Uschakow.

Durch die westlichen Sanktionen nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine hat Russland viele Absatzmärkte für seine Rohstoffe verloren. Auch der Import von Waren gestaltet sich schwieriger. Bereits im vergangenen März stellte Russlands Wirtschaft sich deshalb zunehmend auf China ein. Der Warenaustausch zwischen den beiden Nachbarländern wuchs 2022 um knapp 30 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 190 Milliarden US-Dollar, wie aus chinesischen Zollunterlagen hervorgeht. Für Russland auf den ersten Blick ein lohnendes Geschäft, betrug doch das Handelssaldo 38 Milliarden US-Dollar. Geht es nach Xi und Putin, sollen im kommenden Jahr bereits Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar gehandelt werden. China würde damit seine Position als Russlands größter Handelspartner ausbauen. Am Interesse scheint es nicht zu mangeln. In Russland gebe es einen regelrechten Run auf chinesische Visa, insbesondere Businessvisa, meldet die Tageszeitung »Kommersant«.

China wiederum will Russlands Rohstoffe für seine sich erholende Wirtschaft. Fast drei Viertel der Exporte Russlands (85 Milliarden US-Dollar) wurden mit Öl, Gas und Kohle erzielt. In seinem Beitrag für »Renmin Ribao« pries Wladimir Putin die Gaspipeline »Kraft Sibiriens« als Jahrhundertgeschäft an. Im vergangenen Jahr flossen gut zwei Milliarden Kubikmeter Gas gen China. Russland plant schon länger, ähnlich wie bei Nord Stream, eine zweite Röhre zu verlegen. Bis zum Ukraine-Krieg wurde aber fast ausschließlich Richtung Westen investiert, da dort die Gewinne größer waren. Dieses Problem hat Russland nach wie vor. Wie viel China für russisches Gas bezahlt, ist nicht bekannt. Zu Kriegsbeginn war es gut ein Drittel weniger als Westeuropa. Mit jeder weiteren Sanktion gegen Moskau verbessert sich Pekings Verhandlungsposition. Russland, so vermuten Ökonomen, kann zwar auf dem Papier Verkaufserfolge vorweisen, auf den Konten aber schlägt sich das nicht entsprechend nieder.

Wirtschaftlich könnten aus den »guten Freunden« ungleiche Partner werden und Moskau immer mehr in Pekings Abhängigkeit geraten. Politisch aber wird China Moskau nicht fallen lassen. Zwar hält man sich im Ukraine-Krieg offiziell zurück, einen möglichen Staatstreich möchte in China jedoch niemand.

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