• Politik
  • Wasserproteste in Frankreich

Streit um Wasser verschärft sich

Zu viele Bauern in Frankreich halten an künstlicher Bewässerung fest

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehrere Tausend Demonstranten aus dem ganzen Land haben am vergangenen Wochenende im westfranzösischen Departement Deux-Sèvres gegen den Bau von Wasserreservebassins protestiert, die für die künstliche Bewässerung von Mais und anderen Kulturen der intensiven Landwirtschaft eingesetzt werden und die die ohnehin schon knappen Wasserreserven schwer belasten. Hier und in den zwei angrenzenden Departements sollen bis 2025 insgesamt 16 solcher Becken entstehen. Wie viele es landesweit schon gibt, weiß niemand genau, aber es sollen einige Hundert sein und ständig kommen neue hinzu, davon nicht wenige ohne jede Prüfung und Genehmigung durch die Behörden. Aber auch die Abwehrbewegung wächst ständig.

Die laut Organisatoren 25 000 bis 30 000 Teilnehmer der Protestaktion vom Wochenende, die in drei Kolonnen von verschiedenen Seiten aus Kurs auf ein noch im Bau befindliches Riesenbecken nahe der Ortschaft Sainte-Soline nahmen, wurden durch 1700 Polizisten unter Anwendung von massiver Gewalt daran gehindert, bis zur Baustelle vorzudringen. Während Frankreichs Innenminister die Protestierenden als »Ökoterroristen« bezeichnete, musste seine Behörde einräumen, dass die Polizei innerhalb weniger Stunden 4000 Tränengas- und Betäubungsgranaten abfeuerte. Die Bilanz: 200 verletzte Demonstranten. Ein 30-jähriger Aktivist wurde durch eine Granate am Kopf getroffen, erlitt eine schwere Gehirnerschütterung und schwebt auch nach Tagen noch in Lebensgefahr.

Solche Opfer machen deutlich, wie sich die Auseinandersetzungen um die Nutzung der immer knapper werdenden Wasserreserven verschärfen. Angesichts des Wassermangels in immer heißeren Sommermonaten werden seit einigen Jahren in ganz Frankreich Becken gebaut, die als Wasserreserven für die Bewässerung im Sommer gedacht sind. Dafür schließen sich interessierte – und finanzstarke – Landwirte zu einer Genossenschaft zusammen, die ein oder mehrere Becken bauen lässt und später die Bewässerung managt. Bei dem so gespeicherten Wasser handelt es sich nur zu einem ganz geringen Teil um aufgefangenes Regenwasser, während der größte Teil im Winter dem Grundwasser entnommen wird, das nach Überzeugung der Befürworter in dieser Jahreszeit durch Regenfälle umfangreicher zur Verfügung steht als in anderen Monaten.

Die Gegner dieses Modells sprechen von »Wasserraub« und weisen darauf hin, dass das Grundwasser auch im Winter immer knapper wird. Außerdem geht ein Teil des hochgepumpten Grundwassers in den Becken durch Verdunstung verloren. Besonders empörend finden sie, dass der Bau solcher Wasserreservebecken, die im Schnitt acht Hektar groß sind und 600 000 Kubikmeter Wasser fassen, zu 70 Prozent durch die regionalen Wasserbehörden finanziert werden. Diese Steuergelder sollten besser dafür verwendet werden, einen Wandel in der Landwirtschaft zu fördern, fordern die Umweltverbände. Statt weiter intensiv Pflanzen mit hohem Wasserbedarf anzubauen, sollten sich die Landwirte auf Sorten umstellen, die mit weniger Wasser auskommen.

Während der Nationale Bauernverband FNSEA, der vor allem die Interessen der konventionellen Landwirte und Großbetriebe vertritt, die Wasserbecken verteidigt, gibt es auch eine wachsende Zahl von Bauern, die ökologischer denken. Sie gehören meist der rot-grünen Confédération Paysanne an, die am vergangenen Wochenende mit etwa 1000 Mitgliedern an den Protesten in Sainte-Soline teilnahmen, wobei mehr als 50 sogar mit ihrem Traktor demonstrierten.

Philippe Poutou, der mehrfache Präsidentschaftskandidat der Neuen Antikapitalistischen Partei NPA, stellte Journalisten gegenüber eine Verbindung zwischen dieser Mobilisierung und den gegenwärtigen sozialen Kämpfen her: »Mit der Bewegung gegen die Rentenreform und hier gegen die Megabassins spürt man, dass die soziale Bewegung wieder Vertrauen fasst. Das sollte uns Mut machen, Präsident Macron und seiner Politik die Stirn zu bieten«, erklärte er. »Es geht hier um grundlegende Fragen, um Demokratie, um eine gerechtere Verteilung der Reichtümer. Es gibt eine direkte Verbindung zwischen den aktuellen sozialen und ökologischen Fragen.«

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