Kritik an Brandenburger Ministerin: Das Fass ist übergelaufen

Linke und Freie Wähler fordern den Rücktritt von Justizministerin Hoffmann

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Opposition im Potsdamer Landtag fordert unmissverständlich den Rücktritt von Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU). Dass sie nach Ansicht von Linken und Freien Wählern in der Frage der Versetzung zweier Richter falsch gehandelt hat, ist dabei der Ausgangspunkt. Endgültig das Fass zum Überlaufen bringt für Linksfraktionschef Sebastian Walter, dass die Ministerin es für ein Argument hält, dass einer der beiden Richter in der DDR studiert hatte.

Walter forderte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf, »das unwürdige Schauspiel zu beenden«, wie es in einer Pressemitteilung der Brandenburger Linksfraktion heißt. Wörtlich: »Erst versetzt die Justizministerin zwei Eberswalder Arbeitsrichter gegen ihren Willen und gegen die Stimmen des Richterwahlausschusses. Nach Klagen unterliegt Frau Hoffmann am Dienstgericht des Landes Brandenburg, und zwar gleich zweimal. Das schreckt die Justizministerin aber nicht ab. Stur schaltet und waltet sie weiter und will die Richter des Amtes entheben. Ein Vorgang sondergleichen, der inzwischen bundesweit für Schlagzeilen sorgt.«

Für Linke-Politiker Walter unverzeihlich ist dabei jedoch, dass Ministerin Hoffmann »ganz tief in die ideologische Mottenkiste gegriffen« und ihren Standpunkt damit begründet habe, dass der Richter ja in der DDR studiert habe, »in der Rechtsgrundsätze und Regelungen galten, die sich erheblich vom heute geltenden Recht unterscheiden«.

Aus Walters Sicht ist das »nicht nur dreist«. »Sondern es degradiert Ostdeutsche.« Immerhin habe dieser Richter in Eberswalde als Arbeitsrichter 30 Jahre lang bundesdeutsches Recht sprechen dürfen. »Jetzt aber, wo der Justizministerin die Argumente ausgehen, schwingt sie diese letzte Keule.« Nach Auffassung des Linken-Politikers zeigt dies »den Umgang einer westdeutschen Ministerin mit ostdeutschen Biografien«.

Péter Vida, der Fraktionschef der Freien Wähler, sieht im Handeln der Ministerin nichts weniger als ein »Anschlag auf den Rechtsstaat«, wie er auf einer Pressekonferenz an diesem Dienstag sagt. Die Ministerin sei »nicht mehr tragbar«.

Weil Behördenchefin Hoffmann zweimal vor Gericht mit dem Ziel gescheitert sei, die beiden Eberswalder Richter zu versetzen, habe sie zum Mittel der Amtsenthebung gegriffen. Das ist für Vida, der nicht zum ersten Mal mit Ministerin Hoffmann aneinandergeraten ist, ein »einmaliger Vorgang«. Sie habe keine Anstalten gemacht, die Entscheidung des Dienstgerichtshofs zu akzeptieren. Trotz mehrfacher Appelle von verschiedener Seite habe sie keine Einsicht gezeigt. Die Ministerin habe sich »mehr als verrannt.« Das könne so nicht geduldet werden.

Dass sie »jetzt sogar mit der Ost-Biografie« eines der Richter argumentiert, nannte Vida »unerträglich«. Das laufe auf eine Missachtung aller Ostdeutschen hinaus. Eine solche Entwertung einer Lebensleistung sei »empörend«. So könne eine Justizministerin mit Richtern nicht umspringen. An Ministerpräsident Woidke sei es jetzt, »jeden Zweifel am Regierungshandeln auszuräumen«. Er müsse sie zurückziehen. Für den Freie-Wähler-Politiker Vida gibt es »unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten keine andere Möglichkeit«. Selbst der Anwaltsverein – laut Vida einer besonderen Vorliebe für Richter unverdächtig – habe diese Vorgänge kritisiert. Dass eine mitgliederschwächere Richtervereinigung die Justizministerin getadelt, der viel größere Richterbund aber sich hinter sie gestellt habe, lässt Vida als Argument nicht gelten. Die Beurteilung der Rechtslage sei keine Mehrheitsfrage.

Als »schlicht unwahr« bezeichnete er die Auffassung des Ministeriums, die beiden Richter müssten in den Ruhestand versetzt werden, weil es dem Steuerzahler nicht zuzumuten sei, nicht tätige Richter als solche zu bezahlen. Das Angebot, weiter tätig zu sein, habe vorgelegen, nur eben nicht an dem Ort, an den sie versetzt werden sollten. »Beide Richter haben Versetzungsvorschläge unterbreitet.« Wenn ein Richter kurz vor der Pensionierung stehe, dann sei ihm nicht zuzumuten, gegen seinen Willen vom Arbeitsort Eberswalde nach Cottbus zu wechseln. Wenn unter diesen Bedingungen der Richter nicht tätig sei, »hat es die Ministerin zu verantworten«. Sie selbst habe »mit ihrem sturen Verhalten« diese Situation erst erzeugt, sagte Péter Vida.

Justizministerin Susanne Hoffmann hatte die umstrittene Amtsenthebung der beiden Arbeitsrichter noch am vergangenen Wochenende verteidigt. »Es ist das rechtliche Instrument, um die Richter danach wieder in ein anderes Richteramt berufen zu können«, sagte Hoffmann den »Potsdamer Neuesten Nachrichten«. Eine Einigung sei in beiden Fällen gescheitert. Wenn innerhalb von drei Monaten nach dem Start der neuen Gerichtsstruktur keine Versetzung erfolge, wären die Richter faktisch des Amtes enthoben und würden bis zur Pensionierung besoldet, müssten aber nicht arbeiten.

Zu Jahresbeginn fielen zwei von sechs Arbeitsgerichtsbezirken weg, das Arbeitsgericht Potsdam schloss. Das Arbeitsgericht in Eberswalde wurde zur Außenkammer des Gerichts Frankfurt (Oder). Die Ministerin begründet die Reform mit sinkenden Verfahrenszahlen. Zwei Arbeitsrichter aus Eberswalde wehrten sich gegen ihre Versetzungen an andere Gerichte. Das Justizministerium unterlag in zwei Entscheidungen des Dienstgerichts des Landes vom Dezember und März. Das Dienstgericht erklärte in den Beschlüssen, der Richterwahlausschuss hätte beteiligt werden müssen.

»Vorsorglich hatten wir die beiden Fälle in den Richterwahlausschuss gebracht, allerdings mit dem Hinweis, dass wir das letzte Entscheidungsrecht beim Ministerium sehen«, sagte die Ministerin.

»Nachdem der Richterwahlausschuss seine Zustimmung verweigert hatte, haben wir in Wahrnehmung unserer Verantwortung als Dienstherr die Versetzung angeordnet.« Mit der Entscheidung des Dienstgerichtshofes gebe es nun Klarheit. Sie räumte ein: »Natürlich bin ich über das Bild nach außen unglücklich.« mit dpa

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