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Berlin: 29-Euro-Ticket der BVG steht vor dem Aus
Fahrgast- und Umweltverband begrüßen Ende des Berliner Sondertarifs für den ÖPNV
Der Verkauf des ab 1. Mai deutschlandweit für den Öffentlichen Personennahverkehr gültigen 49-Euro-Tickets läuft sei wenigen Tagen. Und er läuft recht gut, auch in Berlin. Bereits am Montag sprachen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) von rund 250 000 Buchungen für das sogenannte Deutschlandticket, darunter 20 000 von Neukunden. Es dürften im Laufe des Monats noch sehr viel mehr werden in Berlin. Denn der eigentliche Verkaufsschlager in Sachen ÖPNV steht zugleich vor dem Aus: das nur im Tarifbereich AB gültige 29-Euro-Ticket.
Zwar betonten Berlins Noch-Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und ihr designierter Nachfolger Kai Wegner (CDU) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags am Montag ihren ungebändigten Optimismus, dass das 29-Euro-Ticket fortgeführt wird. Dass es nahtlos mit dem Auslaufen des Angebots Ende April weitergeht mit dem Berliner Sondertarif, hat man aber bereits ad acta gelegt. Es müsse ja auch erst noch der neue schwarz-rote Senat gebildet werden, erklärte Giffey ausschweifend. Deshalb könne sie mit Blick auf den Start der Neuauflage des Tickets auch »noch nicht sagen, welcher Monat, aber schnellstmöglich und möglichst im Verkehrsverbund«, also dem VBB und damit mit Brandenburg. Denn, so Giffey weiter: »Es ist klar, dass die Brandenburger da Interessen haben, auf die man reagieren muss, und da muss es einen gemeinsamen Weg geben.« Oder auch nicht.
In Brandenburg hatte jedenfalls schon die Einführung des Tickets im vergangenen Jahr für ordentlich Verstimmung gesorgt, vor allem in den eigentlich betroffenen Landkreisen. Nahverkehr ist in der Mark in erster Linie eine Angelegenheit der Kreise, die in dem Fall um ihre Einnahmen fürchteten. Tatsächlich gibt es Berichte von Abo-Kündigungen im Tarifbereich C. Man pendelt nun eben mit dem Auto zum nächstgelegenen Bahnhof in Berlin. Warum Brandenburg jetzt von seiner ablehnenden Haltung abrücken sollte, bleibt das süße Geheimnis des neuen Senatsduos.
Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU), zu dem Kai Wegner behauptet, einen »ganz guten Draht« zu haben, gibt sich auf nd-Nachfrage diplomatisch. »Ein möglicher Berliner Vorschlag für ein 29-Euro-Tickets würde zunächst im VBB besprochen werden – wir haben hier einen gemeinsamen Tarifverbund, der auch im Berliner Koalitionsvertrag explizit genannt wird«, referiert Beermann das Offensichtliche. Um dann hinzuzufügen: »Für das Land Brandenburg kann ich sagen: Mit dem Deutschlandticket haben wir ein extrem gut rabattiertes Ticket an den Start gebracht. Unsere Prioritäten liegen nun beim infrastrukturellen Ausbau des ÖPNV. Dabei behalten wir unser großes Flächenland Brandenburg im Blick.« Ein nett formulierter Korb für die Berliner Bald-Koalitionäre.
Die Sache ist ohnehin knifflig. Selbst die BVG will bei den geschätzt mehrere Hundert Millionen Euro jährlich teuren Plänen von CDU und SPD nicht wirklich mitgehen. In einem extra für die Koalitionsverhandlungen angefertigten internen Papier stellt das Unternehmen klar, dass zusätzliche Angebote zum Deutschlandticket wie das 29-Euro-Ticket, wenn überhaupt, »erst zu Januar 2024 realistisch umsetzbar« seien. Weiter heißt es: »Neue Tickets müssen in Absprache und Zusammenarbeit mit dem Nachbarland im Verkehrsverbund entwickelt werden; Brandenburg ist nach unseren Informationen derzeit nicht in der Lage, neue Tickets einzuführen (ebenfalls erst zu Januar 2024).«
Kritik am Pochen der Koalitionäre in spe auf den Ticketrabatt für alle kommt auch vom Berliner Fahrgastverband IGEB. Natürlich sei man »an günstigen Tarifen interessiert«, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands zum Koalitionsvertrag. »Aber die sehr hohen Ausgaben für ein 29-Euro-Ticket nach dem Gießkannenprinzip wären zielgruppenorientiert besser angelegt.« Konkret fordert die IGEB daher unter anderem für Schüler, Auszubildende und Studierende die Einführung eines ermäßigten Deutschlandtickets für 29 Euro.
Auch der Umwelt- und Naturschutzverband BUND wirbt für sozial gestaffelte Preisrabatte, beginnend bei 9 Euro. »Ansonsten können Menschen mit geringen Einkommen sowie geringer Zahl von ÖPNV-Fahrten pro Monat nicht vom Deutschlandticket profitieren«, sagt Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser. Dass das von der SPD im Sommer vergangenen Jahres durchgedrückte 29-Euro-Ticket nun auslaufe, sei gut so. Heuser sagt: »Insellösungen wie ein Berlin-AB-Ticket konterkarieren die Vorteile des Deutschlandtickets bei jährlichen Kosten im dreistelligen Millionenbereich.«
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