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Neues Selbstvertrauen beim RB Leipzig
Raus aus der Krise: RB glänzt im Pokal-Viertelfinale gegen den BVB und will nun zurück auf einen Champions-League-Platz
Oliver Mintzlaff stand höchst vergnügt zwischen Spielertunnel und Mannschaftskabine im Leipziger Stadion und scherzte ausgelassen mit Spielern und Journalisten. Gerade hatte RB Leipzig in einem rauschhaften Spiel Spitzengegner Borussia Dortmund mit 2:0 geschlagen und war ins Halbfinale des DFB-Pokals eingezogen. Der Mann, der RB Leipzig seit 2014 über acht Jahre lang als Vorsitzender und Geschäftsführer geführt hatte, ist zwar seit November einer der Nachfolger des verstorbenen Dietrich Mateschitz als CEO des Milliardenunternehmens Red Bull, verantwortet neben den Fußballklubs auch Formel-1-Teams und ein Medienimperium.
Doch während man die Besuche von Red-Bull-Gründer Mateschitz seit der Klubgründung von RB 2009 an einer Hand abzählen konnte, ist Mintzlaff weiter bei fast jedem Spiel zugegen und äußerst nah am Verein dran. Der 47-Jährige zeigt damit demonstrativ, wie eng zum einen die Verbindung zwischen Geldgeber und Klub aktuell ist und dass zum anderen die bisherigen Gesetze auch unter der neuen sportlichen Führung mit Sportchef Max Eberl noch Bestand haben.
Dazu gehört auch, dass es bei Rasenballsport nicht akzeptiert wird, die mit viel Renommee und vor allem Millioneneinnahmen verbundene Champions League zu verpassen. Längst sind Kader, potenzielle Transfers und Gehälter darauf ausgelegt, dass Leipzig in der europäischen Elite dabei ist. Ein einziges Mal nur passierte das seit dem Aufstieg in die Bundesliga. 2018 unter Ralph Hasenhüttl gewann Leipzig zwar am letzten Bundesliga-Spieltag 6:2 bei Hertha BSC, doch das reichte wegen der Siege der Konkurrenten nur zu Rang sechs. Die Stimmung bei Mintzlaff und dem damaligen Sportdirektor Ralf Rangnick war so eisig, als seien die Leipziger gerade abgestiegen. Zwei Tage später war Hasenhüttl nicht mehr RB-Trainer.
An diesem Samstagabend um 18.30 Uhr spielt Leipzig wieder bei der Hertha, und auch aktuell steht der Tabellenfünfte nicht auf einem Champions-League-Platz. Zwei Punkte Rückstand hat der polarisierende Klub auf den SC Freiburg; gar sechs auf Union Berlin. Vor diesem Hintergrund ist es gar nicht hoch genug zu bewerten, dass RB gerade noch rechtzeitig den Negativtrend der vorherigen Wochen gestoppt hat und sich durch den Pokaltriumph auch neues Zutrauen für die verbleibenden acht Spieltage in der Liga geholt hat.
Welche Kräfte ein erlösendes 2:0 freisetzen kann, konnte man am Mittwochabend ganz gut an Leipzigs Trainer Marco Rose studieren. Der 46-Jährige setzte nach dem erlösenden 2:0 von Abwehrchef Willi Orban in der Nachspielzeit zu einem furiosen Sprint in die Leipziger Jubeltraube an. Zu einem der Athletiktrainer sagte der 46-Jährige hernach: »Wenn ihr mir auf dem Weg dahin noch Hürden aufgebaut hättet, hätte ich eine nach der anderen übersprungen.« Das war ein schönes Bild, weil RB Leipzig und der Trainer Marco Rose in diesem Schlüsselspiel für die Schlussphase dieser Saison tatsächlich gleich mehrere Hürden genommen hatten. Als er sein verschwitztes T-Shirt in der Kabine gewechselt hatte und wieder zu Atem kam, sagte Rose erleichtert: »Heute waren wir wieder wir.«
Dass RB nach vier Niederlagen in fünf Spielen die Trendwende schaffte, hat mehrere Ursachen. Zum einen hat sich die Mannschaft noch einmal neu aufeinander eingeschworen. Routiniers wie Orban, Yussuf Poulsen und Emil Forsberg hatten das Team zu einer internen Aussprache ohne Trainer zusammengetrommelt. Zwar blieben die Inhalte weitgehend geheim. Doch eine Schlussfolgerung der Krise war, dass die Leipziger weniger intensiv trainierten als zuvor, um in den Spielen mehr Energie für das Pressingspiel aufbringen zu können. »Das Wichtigste war, dass wir Frische reinbekommen haben und in der Trainingssteuerung ein paar Sachen geändert haben«, sagte Kapitän Orban und erklärte: »Es geht jetzt auf das Ende der Saison zu und wir brauchen gerade für unser intensives Anlaufen frische Oberschenkel. Das war der ausschlaggebende Punkt.«
Es zeichnet Rose aus, dass er zum einen auf den Wunsch seiner Spieler einging und zum anderen intern genau die richtigen Worte fand. Nach außen sei er »hie und da ein bisschen bissig« rübergekommen, bekannte er. Eine Stimmung, als gehe die Welt unter, hatte Rose zuvor in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Doch im Team stärkte der Krisenmanager den Glauben an die eigene Qualität, nahm den Spielern die Verunsicherung und hielt sein Versprechen, neue Lösungen zu präsentieren. Nach Roses Ansprache habe jeder die Energie und Überzeugung gespürt, das Spiel gegen den BVB nur noch gewinnen zu können. »Man muss die Jungs auch manchmal anschieben«, sagte der Fußballlehrer. »Ich würde mir wünschen, dass ich das weniger tun müsste, sondern mehr von innen kommt«, bekannte der Coach.
Zudem fand er taktisch und personell neue Varianten. Durch die Umstellung auf eine Dreier- beziehungsweise Fünfer-Abwehrkette hatte RB viel besseren Zugriff über die Flügel und konnte aus den Ballgewinnen Konter initiieren. Spieler wie Halbverteidiger Mohamed Simakan scheinen ihre Malaisen und Formkrisen überwunden zu haben. Der Franzose strahlte pure Energie aus, stieß immer wieder über die Halbspur mit nach vorn und glänzte als Abräumer im Zweikampf mit den Dortmunder Stürmern ebenso wie als Vorlagengeber für Timo Werner, den Torschützen zum 1:0 in der 22. Minute. Auch Unterschiedsspieler Dani Olmo präsentierte sich bei seinem ersten Startelfeinsatz seit Januar in bestechender Form und riss das Spiel in der ersten halben Stunde an sich.
Ein Sinnbild für die Kompromisslosigkeit, mit der sich RB an diesem Abend aus der Krise kämpfte, ist Orban. Der Pfälzer berichtete nach dem Spiel, dass er mit gebrochener Nase gespielt habe. Eine Maske kam für ihn dennoch nicht infrage. »Wenn die Nase einmal kaputt ist …, mehr als brechen kann sie ja nicht«, sagte der 30-Jährige lakonisch. Nicht weniger als »ein Befreiungsschlag« sei der rauschhafte Pokalabend gewesen. »Wir wussten, dass wir es noch können, aber dass wir es jetzt umgesetzt haben, ist ein geiles Gefühl«, beschrieb Orban.
Nun kommen die aus Österreich alimentierten Sachsen wie gewohnt mit breiter Brust zu Lieblingsgegner Hertha ins Olympiastadion. In den bisherigen 13 Duellen beider Teams erzielte RB Leipzig 48 Tore. Wenn der Eindruck nicht täuscht, dürften an diesem Ostersamstag auch zur Freude von Red-Bull-Boss und RB-Aufsichtsrat Mintzlaff weitere dazu kommen.
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