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Manchester City und der FC Bayern München in der Champions League
Zirkus Europa: Wie ein Freigeist aus Fuerte Apache das erste Duell der Klubs erlebte
Ob Carlos Tevez am Dienstag in Argentinien vor dem Fernseher sitzt? Eigentlich hat er mit dem Fußball nach seinem Kurzzeitengagement als Trainer bei Rosario Central Ende des vergangenen Jahres nicht mehr so viel zu tun. Der 39-Jährige spielt lieber Golf und sonnt sich im Ruhm der Netflix-Miniserie »Apache«, in der es um ihn und seine nicht ganz so glückliche Kindheit in Fuerte Apache geht, einem harten und trostlosen Betonviertel von Buenos Aires.
Die Champions League ist weit weg. Aber in Manchester präsentiert Europas Fußballzirkus an diesem Dienstag ein Spiel, das Tevez nicht ganz egal sein dürfte: Zum Auftakt des Viertelfinales kommen die Münchner. City gegen den FC Bayern, das ist im Jahr 2023 das Duell zwischen Pep Guardiola und Thomas Tuchel. Vor zwölf Jahren stand das erste Rencontre dieser beiden Klubs überhaupt im Zeichen zweier Darsteller, die in Manchester unter Vertrag standen: der argentinische Freigeist Carlos Tevez und der italienische Trainer Roberto Mancini.
Es harmonierte nicht so recht zwischen den beiden, als die Citizens im September 2011 in München antraten. Mancini hatte Tevez in der Premier League einen ungewohnten Stammplatz auf der Ersatzbank verordnet und ihn auch gegen die Bayern zunächst außen vor gelassen. Tevez musste hilflos mitansehen, wie die Münchner seine Kollegen an die Wand spielten. Nach einer halben Stunde schickte Mancini seinen Edelreservisten zum Warmlaufen an die Außenlinie, wo dieser beste Sicht hatte auf zwei Tore von Mario Gomez zur 2:0-Pausenführung der Bayern.
Als Mancini seine Spieler in der Kabine zusammenstauchte, trabte Tevez immer noch über den Rasen und wollte sich nur zu gern ins Getümmel stürzen, als nach den ersten zehn Minuten der zweiten Halbzeit der erste Wechsel anstand. Mancini aber schickte für den glücklosen Angreifer Edin Dzeko lieber den Defensivmann Nigel de Jong auf den Platz, worauf Tevez sein Fitnessprogramm abbrach und sich wieder auf die Bank setzte. Über die Köpfe der Kollegen hinweg lieferte er sich ein längeres Rededuell mit seinem Trainer, über dessen Inhalt beide Seiten später höchst unterschiedliche Versionen verbreiteten. Roberto Mancini empfand den eigenmächtigen Rückzug seines Stürmers als Arbeitsverweigerung. Tevez behauptete, er sei nach halbstündigem Warmlaufen fit genug für einen Einsatz gewesen und habe genau das signalisiert.
Ohne Tevez verloren die Citizens 0:2 und der englische Boulevard hatte für ein paar Tage ein wunderschönes Thema. Mancini saß am längeren Hebel. Er ahndete den verweigerten Gehorsam mit einer Suspendierung und der Ankündigung, unter ihm werde Tevez nie wieder das himmelblaue Trikot überstreifen.
So weit kam es dann doch nicht, auch wenn Tevez noch ein wenig bockte, den Winter beim Golfen in Argentinien verbrachte und ein für City sehr lukratives Angebot von Paris Saint-Germain ausschlug. Am Ende kehrte er doch nach Manchester zurück, entschuldigte sich bei Mancini und wurde von diesem begnadigt. Im März 2012 gab er gegen den FC Chelsea sein Comeback und bereitete gleich das Siegtor vor. Und er war auch an jenem 13. Mai dabei, als Manchester City am letzten Spieltag im Fernduell mit dem Stadtrivalen United seine erste Meisterschaft in der Premier League gewann. Noch auf dem Rasen sprach Tevez den vielsagenden Satz: »Dieser Klub hat die Spieler, um Meisterschaften zu gewinnen.« Spieler wie Carlos Tevez, wenn man sie denn spielen lässt.
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