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Kriminalität in Brandenburg: Antisemitismus bereitet Sorgen
Die politisch motivierten Straftaten erreichen einen neuen Höchststand – auch judenfeindliche Vorfälle nehmen zu
Die politische Kriminalität in Brandenburg ist im vergangenen Jahr stark angestiegen – und sie ist gleichzeitig unkenntlicher geworden. Wie Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Donnerstag bei der Vorstellung der einschlägigen Statistik in Potsdam bekanntgab, behaupten die traditionellen Felder aus dem rechten, linken und radikalislamischen Milieu zwar ihre Position. Der bedeutendste Anstieg bei den politischen Straftaten sei jedoch auf dem Feld »nicht zuzuordnen« zu verzeichnen, also bei jenen, »die keiner politischen Richtung eindeutig zugeschrieben werden können«.
Die Zahl politisch motivierter Taten hat Stübgen zufolge im vergangenen Jahr um 20 Prozent zugenommen, insgesamt 4300 Straftaten wurden registriert. Das entspreche der höchsten Fallzahl seit 2001 und somit seit Beginn der Messungen überhaupt. Schon im Jahr 2021 war mit 3661 Fällen ein Höchststand erreicht worden. Dieser »erhebliche Anstieg« gehe vor allem darauf zurück, dass die Zahl der Straftaten im Bereich »nicht zuzuordnen« zugenommen habe.
Dabei handle es sich zumeist um nicht angemeldete Proteste gegen die Corona-Politik von Land und Bund und um Straftaten, die bei diesen unangemeldeten Versammlungen verübt worden seien, so der Innenminister. Die starke Zunahme bei den politischen motivierten Gewaltstraftaten um 68 Prozent auf 300 Fälle sei vor allem in diesem Bereich zu verorten. Laut Stübgen wäre es ein Fehler gewesen, Corona-Proteste allesamt als »rechts« einzustufen.
Diese ungewöhnliche Zunahme der politisch motivierten Kriminalität führte der Innenminister auf den Unmut über die Corona-Restriktionen und auf die Folgen des Ukraine-Kriegs zurück. Insgesamt 50 Personen seien wegen »Billigung einer Straftat«, in diesem Fall des russischen Angriffs auf die Ukraine, aktenkundig geworden. Der These, dass angesichts dieser Enttwicklung die politische Kriminalität »in der Mitte der Gesellschaft angekommen« sei, mochte er indessen nicht zustimmen.
Es sei davon auszugehen, dass dieses Feld mit dem Abklingen der Einschränkungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zurückgehen werde, so Stübgen. Die Entwicklung in den ersten Monaten des neuen Jahres legten diesen Schluss nahe. Zwar ging ihm zufolge die Zahl der Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger in Brandenburg wieder zurück, »doch 205 Straftaten in diesem Bereich sind 205 Straftaten zuviel«. Angriffe auf Vertreter der Demokratie seien Angriffe auf die Demokratie selbst.
Zudem sagte der Minister: »Die größte Bedrohung der Gesellschaft sind weiterhin rechtsextrem motivierte Straftaten, einschließlich Gewaltdelikte.« Mit einem Anteil von 47 Prozent wurde fast jede zweite Tat mit einem rechten politischen Hintergrund begangen. Dagegen wurden fünf Prozent als politisch links motiviert eingestuft. Die Zahl der Straftaten, die dem Linksextremismus zuzuordnen seien, habe um 40 Prozent abgenommen. Die Zahl der Gewaltdelikte im rechtsextremen Kontext sank auf 90, die mit linksextremem Hintergrund stieg von 18 auf 29.
Ausdrücklich bestätigte Stübgen, dass »Klimaproteste« in Form des Anklebens auf dem Straßenasphalt oder Störungen in Kraftwerken für ihn dem »Phänomenbereich linke Straftaten« zuzuordnen seien. Den Bereich »grüne Straftaten« kenne die Statistik nicht. Wer sich auf der Autobahn oder Straße festklebe, verübe einen »gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr« und werde in Brandenburg als Straftäter verfolgt, betonte er. Dass es Menschen gebe, die hier eine andere Auffassung hätten, interessiere ihn nicht. »Ich blicke da ins Strafgesetzbuch.«
Besorgniserregend ist laut Stübgen die Zunahme der Zahl antisemitischer Straftaten. Die Statistik vermeldet für das Jahr 2018 insgesamt 95 solcher Kriminalfälle, im vergangenen Jahr waren es Stübgen zufolge 195, sechs davon Gewaltdelikte. Wie Polizeipräsident Oliver Stepien hinzufügte, würden fast alle aus rechtsextremistischer Gesinnung heraus verübt. Für die Annahme, der Antisemitismus werde von Migranten nach Brandenburg »importiert«, gebe es keine Belege. Der Zuwachs von etwa 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr sei auf Äußerungen im Internet zurückzuführen, erklärte Stepien.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Brandenburg 103 deutschfeindliche Straftaten verübt, allein im Raum Cottbus waren es 78. Tatverdächtig waren zumeist »verschiedene Jugendgruppen unterschiedlicher Nationalität«. Darunter seien 69 Gewaltdelikte gewesen. Laut Minister Stübgen reagierte die Polizei mit verstärkter Präsenz, diese Art Kriminalität ging in den vergangenen Monaten zurück.
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