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Manfred Maurenbrecher: Der Erfinder der Maurenbrecher-Musik
So politisch, als wäre es 1977: »Menschen machen Fehler« ist ein Album gegen die Dummheit
Manfred Maurenbrecher hat sein eigenes Genre aus den Jahrzehnten herausgeschliffen. Es ist schwer, ihn mit irgendetwas, was auf dem Musikmarkt angeboten wird, zu vergleichen. Er macht einfach seine Maurenbrecher-Songs, die er mit seiner Maurenbrecher-Stimme singt. Tapfer macht er alle zwei Jahre ein Album. Das letzte war »Inneres Ausland« von 2020, eine schöne Platte.
Früher, in den Achtzigerjahren, da wollte er Popstar werden. Einer von der Kragenweite Heinz-Rudolf Kunze oder Klaus Lage. Damals war gerade Neue Deutsche Welle und die großen Plattenfirmen nahmen alles unter Vertrag, was irgendwie deutsch sang. Dabei war Maurenbrecher schon damals eher ein Germanistenrelikt der immer noch in die Achtziger hineinschwappenden Siebzigerjahre. Aber während Kunze den kunterbunten bundesrepublikanischen intellektuellen Paradiesvogel gab und Lage mit griffigem Kumpelrock punkten konnte, blieb der sensible Manfred Maurenbrecher nur schwer fassbar für das breite Publikum.
Die Alben, die in diesen Jahren entstanden, sind geprägt vom Bemühen um einen Hit. Aber sie enthalten viele wunderbare Songs, die in ihrem Achtzigerjahrekostüm manchmal ein bisschen angestaubt wirken. Eigentlich war Maurenbrecher immer der Typ, der sich übers Klavier beugt, als wäre es eine Schreibmaschine. Seine eigentliche Karriere begann erst in den Neunzigerjahren, in denen er sich nach und nach sein treues Publikum erspielt hat. Während der Coronazeit streamte er kleine Wohnzimmerkonzerte: Maurenbrecher pur.
Das neue Album heißt »Menschen machen Fehler«. Ein sympathischer Titel, der auch einen Sinneswandel in Maurenbrechers Denken spiegelt. Im Booklet schreibt er den schönen Satz: »Früher war mein Lieblingswort ›noch‹, jetzt kommt mir dauernd‚ ›obwohl‹ in den Sinn.« Ein Zweifler in Zeiten, in denen jeder alles ganz genau und am besten weiß. Gute Sache. »Menschen machen Fehler / es kann nicht anders sein«, singt Maurenbrecher in dem großartigen Titelstück seines Albums. Und es erinnert ein bisschen an Karl Raimund Poppers berühmte Definition des Begriffes Toleranz: »Toleranz ist die notwendige Folge der Einsicht, daß wir fehlbare Menschen sind. Irren ist menschlich, und wir alle machen dauernd Fehler. So lasst uns denn einander unsere Torheiten verzeihen.«
Das Album wirkt wie live eingespielt. Und am besten klingt es immer dann, wenn Jan Hermerschmidt mit seiner klaren Klarinette Maurenbrechers raue Stimme akzentuiert wie in »Neues Rom« und »Musik«. Immer wieder ergänzt die Sängerin Réka mit ihrer schönen Stimme den Gesang des Liedermachers. Ganz verwegen sind die mal blubbernden, mal flirrenden Synthies. Ein eigentümlicher, aber auch ein großartiger Sound.
Wunderschön ist die Maurenbrecher-Klavierballade »Litfaßsäule«. Ein Lied über Vergänglichkeit und untergegangene Welten. »Jedes Ding hat seine Zeit«, singt er da. Topaktuell ist der Song »Frieden im Krieg«, der dem »obwohl«-Motto der Platte absolut gerecht wird. Eine klare Stellungnahme zur Situation der Frauen im Iran ist »Tausende wie du«. Ein berührender Hochgesang auf die mutigen Protestierenden. Und im reggeaesken »Wahn« beschäftigt sich Maurenbrecher ironisch mit Verschwörungsmythen. Und wunderschön im epischen »Rundumschlag«: »Wer immer alte Fronten sucht / der verpasst das Wahre / und wer immer nur mit Karte zahlt / der verpasst das Bare«.
Ein kleines, aktuelles Album, das es sich herausnimmt, politisch zu sein, als sei es 1977. Obwohl, da wäre Maurenbrecher mit seinem »obwohl« wahrscheinlich als Rechtsopportunist diffamiert worden. Aber wer weiß, was ihm sein absolut angebrachter Zweifel wohl heute einbringt?
Manfred Maurenbrecher: »Menschen machen Fehler« (Reptiphon/Broken Silence)
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