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Wolfsburg vs. Bayern: Das grüne Imperium schlägt zurück

Die VfL-Fußballerinnen ziehen gegen München ins Pokalfinale ein

  • Christian Stüwe, München
  • Lesedauer: 4 Min.
Sveindís Jónsdóttir (l.) vertrat die fehlende Alexandra Popp – und erzielte zwei Treffer zum Sieg der Wolfsburgerinnen gegen Bayern München.
Sveindís Jónsdóttir (l.) vertrat die fehlende Alexandra Popp – und erzielte zwei Treffer zum Sieg der Wolfsburgerinnen gegen Bayern München.

Tief enttäuscht trotteten die Verliererinnen nach dem Abpfiff in ihre Kabine, während die Gewinnerinnen auf dem Rasen feierten und für ein Jubelfoto mit den mitgereisten Fans posierten. Ganz ähnliche Szenen hatten sich bereits drei Wochen zuvor im Stadion auf dem Bayern-Campus abgespielt, allerdings wurden am Samstag die Rollen getauscht. Diesmal dröhnte die laute Partymusik aus der Gästekabine des VfL Wolfsburg, während die Spielerinnen des FC Bayern sich mit hängenden Köpfen zu einer langen Lagebesprechung mit Trainer Alexander Straus in ihre Umkleide zurückzogen.

Ende März hatten die Münchnerinnen im Spitzenspiel der Bundesliga an gleicher Stelle den VfL noch mit 1:0 bezwungen und die Tabellenführung übernommen, nun schlug das grüne Imperium aus der Autostadt mit aller Macht zurück. Der 5:0-Sieg im Halbfinale des DFB-Pokals war das 44. gewonnene Pokalspiel in Serie, im Kampf um die Vorherrschaft im deutschen Fußball der Frauen setzte der VfL ein deutliches Zeichen. Dass die Revanche gegen die Erzrivalinnen derart eindrucksvoll gelang, dürfte den Wölfinnen im Endspurt der Saison in allen drei Wettbewerben Schub verleihen.

»Das gibt uns extrem viel Selbstbewusstsein für die kommenden Spiele in der Champions League und der Liga«, bestätigte Torhüterin Merle Frohms, die trotz Rückenbeschwerden im Tor stand. Die gefährlichste Torschützin Alexandra Popp fehlte hingegen nach ihrer bei der Nationalmannschaft erlittenen Wadenverletzung genauso wie Marina Hegering (Knieprobleme) und Lena Lattwein (Schlüsselbeinbruch). Trainer Tommy Stroot beorderte Sveindís Jónsdóttir für Popp in die Startelf, die Isländerin wurde prompt zur Matchwinnerin. Die 21-jährige Angreiferin, die bislang meist als Jokerin zum Einsatz kam, erzielte zwei Tore und leitete einen weiteren Treffer mit einem ihrer gefürchteten langen Einwürfe ein.

Dass die Wölfinnen dank ihres im Vergleich zum FC Bayern breiteren Kader die prominenten Ausfälle kompensieren konnten und trotz der Belastungen der vergangenen Wochen das deutlich aggressivere Team waren, machte am Samstag den Unterschied. »Jede Spielerin wusste, dass 80 Prozent hier nicht reichen würden«, stellte Verteidigerin Kathrin Hendrich klar. Beim Duell in der Bundesliga hatte der VfL deutlich weniger entschlossen gewirkt, zwischenzeitlich sei die Mannschaft »auf dem Zahnfleisch« gegangen, erklärte die Nationalspielerin. Das Gipfeltreffen in München hatte Wolfsburg zwischen zwei umkämpften Champions-League-Duellen gegen Paris Saint-Germain verloren, dafür aber die Qualifikation für das Halbfinale der Königinnenklasse geschafft.

Nun wurden durch den eindrucksvollen Sieg im Pokal auch die Träume, den Meistertitel vielleicht doch noch zu verteidigen, neu befeuert. Fünf Spieltage vor Saisonende beträgt der Rückstand auf die Bayern nur einen Punkt. »Wir haben nach wie vor die Hoffnung, die Meisterschaft zu gewinnen«, sagte Torhüterin Frohms und stichelte in Richtung der Bayern: »Eine so hohe Niederlage ist immer ein Rückschlag für eine Mannschaft, das kann etwas bewirken. Die Bundesliga ist noch nicht vorbei.«

Während der VfL nun beste Chancen hat, zum neunten Mal in Folge den DFB-Pokal zu gewinnen und sich gegen Arsenal für das Endspiel der Champions League in Eindhoven zu qualifizieren, ist das Restprogramm des FC Bayern übersichtlich geworden. Ende März schieden die Münchnerinnen gegen Arsenal aus der Champions League aus, nach dem Pokaldebakel ist die zweite Titelchance dahin.

Tatsächlich konnte man am Samstag den Eindruck gewinnen, dass den Bayern-Frauen die Puste ausgeht. Zwischen der 44. und 60. Spielminute musste Torhüterin Maria-Luisa Grohs viermal den Ball aus dem Netz holen, die gleiche Anzahl Gegentreffer kassierte sie zuvor in der Bundesliga in allen 17 Saisonspielen. »In der zweiten Hälfte hat uns die Energie gefehlt, wir haben komplett die Kontrolle über das Spiel verloren«, haderte Abwehrchefin Glodis Viggósdóttir. »Das war ein Schock. Ich habe das nicht erwartet«, sagte Trainer Alexander Straus, dessen Mannschaft nach dem dritten Gegentreffer regelrecht auseinandergefallen war. »Wir dürfen nicht 0:5 verlieren«, ärgerte sich der Norweger: »Wir repräsentieren den FC Bayern. Man kann solche Spiele immer verlieren, aber es ist ein Unterschied, ob man 0:2 oder 0:5 verliert. So etwas darf nicht wieder passieren.«

Immerhin stehen für die Bayern-Frauen nun keine englischen Wochen mehr an, der Fokus kann ganz auf die Bundesliga gelegt werden. Die Rechnung ist denkbar einfach: Gewinnen sie die verbliebenen fünf Spiele, wären sie Meister und hätten Wolfsburg den wichtigsten Titel geklaut. »Ich denke, dass wir die richtige Antwort geben werden«, sagte Straus mit Blick auf das Heimspiel gegen Freiburg am Samstag. Auch wenn das Momentum nun wieder auf Wolfsburger Seite zu sein scheint, ist der Kampf um die Vorherrschaft im deutschen Fußball der Frauen noch lange nicht entschieden.

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