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Pep Guardiolas vergessener Bayern-Titel
Die nd-Kolumne »Zirkus Europa« erinnert an frühe gute Zeiten des Star-Trainers in München
Die Geschichte aus Schumanns Bar am Hofgarten ist schon oft erzählt worden, aber hat sie je so gut gepasst wie an diesem Mittwoch? Als Pep Guardiola vor acht Jahren den FC Bayern München in Richtung Manchester City verließ, hat er sich Thomas Tuchel als Nachfolger gewünscht. Mit reichlich Verzögerung haben die Bayern Vollzug gemeldet, und jetzt, zum Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League, treffen sie sich endlich wieder in München. So wie damals in Schumanns Bar, als die beiden aus dem Tisch kurzerhand einen virtuellen Fußballplatz machten, mit Salz- und Pfefferstreuern als Verteidiger und Stürmer.
Vor zwei Jahren trafen sich beide in Porto wieder: zum Finale der Champions League. Es endete mit einem 1:0-Sieg von Tuchels FC Chelsea über das Manchester City des Pep Guardiola. Nicht weniger als den Gewinn des Henkelpotts erwarten sie auch in München von ihrem neuen Cheftrainer. Mit Pep Guardiola hat das bekanntlich nie geklappt – in dessen drei Münchner Jahren kamen die Bayern nicht über das Halbfinale hinaus. Bis heute gilt es als leichter Karriereknick des erfolgreichsten Trainers der Welt, dass ihm der große internationale Erfolg in München verwehrt geblieben ist. Dabei hat Guardiola sehr wohl einen europäischen Titel mit den Bayern gewonnen. Einen, an den sich heute kaum mehr einer erinnert. Im August 2013 in Prag.
Es ging damals um den Uefa-Supercup, mit den Bayern als Champions-League-Sieger gegen den Europa-League-Champion Chelsea. 5:4 siegten die Bayern im Elfmeterschießen, und keiner freute sich darüber so stilvoll wie Pep Guardiola. Sinnbild dafür war seine Dankesrede, er widmete sie seinem Vorgänger auf der Münchner Trainerbank: »Vielen Dank an Jupp Heynckes für die Möglichkeit, dieses Finale zu spielen. Dieser Titel ist für ihn und für die Fans.«
Der Trainer auf der anderen Seite an diesem unterhaltsamen Abend von Prag war das Gegenstück zu Thomas Tuchel, Guardiolas Lieblingsfeind José Mourinho. Und genau deshalb waren die Bayern zu keinem Zeitpunkt bereit, dieses sportlich unbedeutende Spiel als sportlich unbedeutend abzuhaken. Frank Ribéry sprach später die schönen Sätze: »Wir sind so glücklich, auch für den Trainer, denn wir wissen, dass es eine große Konkurrenz zwischen ihm und Mourinho gibt. Dieser Sieg war sehr wichtig für ihn.«
Die unbedingte Münchner Opferbereitschaft begann schon ganz hinten bei Torhüter Manuel Neuer, und das nicht nur, weil er im Entscheidungsschießen den finalen Elfmeter von Romelu Lukaku parierte. Zuvor hatte Neuer die Position des Liberos mit ungewohntem Leben erfüllt, wie er das ein Jahr später auch bei der WM in Brasilien zeigen sollte. In Prag liefen die Bayern in der regulären Spielzeit einem 1:2-Rückstand hinterher, und Neuer lauerte schon bei den Abschlägen seines Kollegen Petr Cech an der Mittellinie. Einmal sprintete er vor bis ins Halbfeld und wuchtete den Ball per Kopfballtorpedo nach vorn. Neuers Kollege Javier Martinez mochte sich trotz deutlich sichtbarer Verletzung nicht auswechseln lassen. Der spanische Defensivmann stellte sich neben Mario Mandzukic als zweiter Mittelstürmer in den Londoner Strafraum und traf in der Nachspielzeit zum überfälligen 2:2.
Im Entscheidungsschießen trafen alle Münchner Schützen, und nachdem Neuer Lukakus finalen Versuch pariert hatte, kam es in Prag zu einem Deja-vu der ganz besonderen Art. Pep Guardiola wandelte so entrückt über den Platz wie einst Franz Beckenbauer über den Rasen von Rom. Damals, nach dem deutschen Triumph im WM-Finale 1990 gegen Argentinien.
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