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Brandenburg: Wahl eines Verfassungsrichters erneut Zitterpartie
Freie Wähler stellen Eberswalder Arbeitsrichter als Gegenkandidaten auf
Seit mehr als einem Jahr wartet der Filmregisseur Andreas Dresen auf seine Ablösung als brandenburgischer Verfassungsrichter. Bislang hatte sich der Landtag nicht mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit auf eine Persönlichkeit einigen können, die für die kommenden zehn Jahre als Nachfolger Dresens im Landtag gewählt worden wäre. Nun stehen sich erneut zwei Kandidaten für die Besetzung des frei werdenden Postens gegenüber – in einem Fall handelt es sich um den Arbeitsrichter André von Ossowski. Er war in den vergangenen Monaten in einen Konflikt mit Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) geraten, weil er sich nicht einfach versetzen ließ.
Sein Konkurrent ist der von Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) geworbene und präsentierte Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Andreas Koch, Jahrgang 1968. Koch arbeitete früher zehn Jahre lang am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Die Freien Wähler schlugen André von Ossowski am Dienstag als Verfassungsrichter vor. Der Kandidat ruhe fest in der Gewaltenteilung und seine Ostbiografie biete einmal mehr die Gewähr, dass »die Region sich vertreten sieht«, sagte Fraktionschef Péter Vida. Diese Biografie sei dem Kandidaten kürzlich von Justizministerin Hoffmann bestätigt worden, ließ Vida wissen, womit er darauf anspielte, dass ein Rechtsstreit anhängig ist. Denn der Richter ließ sich nicht widerstandslos von der Ministerin versetzen und bekam von ihr daraufhin seine Ostbiografie vorgehalten. Dieser Kandidat sei »fachlich und charakterlich geeignet«, fand Vida. Nicht zuletzt, weil seine Regierungsferne keines weiteren Beweises bedürfe.
Der Kandidat saß Vida zur Seite und skizzierte seinen Lebensweg: Geboren 1960 in Ostberlin, dort zur Schule gegangen, dann für drei Jahre zur Volksmarine, Jurastudium, Eintritt in die Liberaldemokratische Blockpartei LDPD, Austritt und seither parteilos. Nach 1990 zunächst Tätigkeit im Ressort von Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP), dann Tätigkeit als Arbeitsrichter in Eberswalde. In 95 Prozent der Fälle lasse sich ein Konflikt im Arbeitsrecht in einem »Vergleich« auflösen, sagte er. Dieses Streben nach Ausgleich würde er im Verfassungsgericht gern praktizieren. Zu seiner Ostherkunft sagte von Ossowski, das stehe gefühlsmäßig bei manchen Menschen im Vordergrund, »ansonsten sollte das egal sein«.
Von Effekthascherei der Freien Wähler sprach SPD-Fraktionschef Daniel Keller. Da es sich bei von Ossowski um einen Kandidaten handle, der mit dem Justizministerium in einem Rechtsstreit liege, »chaotisiert Herr Vida das Verfahren«. Keller hat nach eigener Darstellung mit dem Arbeitsrichter gesprochen und den Eindruck gewonnen, dass dieser »die Tragweite und die Beweggründe von Vida noch nicht verinnerlicht hat«.
Seinen Ärger über das Manöver der Freien Wähler konnte auch CDU-Fraktionschef Jan Redmann nur schlecht verbergen. Er appellierte an Freie Wähler, Linke und AfD, ihr Verhalten »gewissenhaft zu prüfen«. Die Neuwahl sei seit Monaten überfällig, das sei »eine missliche Lage«. Auch wenn Regisseur Dresen auf Bitten von Gerichtspräsident Markus Möller dankenswerterweise sein Amt weiter versehe, »geht das nicht unbegrenzt«. André von Ossowski »kann ich nicht als Beitrag zur Lösung begreifen«, unterstrich Redmann. Die Nominierung stelle nach Lage der Dinge eine Geringschätzung des Verfassungsgerichtes, einen Missbrauch und ein »Spielen von Spielchen« dar.
Schon im Sommer 2022 sollte die Neubesetzung der Richterstelle erfolgen. Doch gelang es den Koalitionsfraktionen SPD, CDU und Grüne nicht, sich auf einen Kandidaten zu einigen. Nun haben sie mit Andreas Koch diesen gemeinsamen Kandidaten. »Er bringt alle Voraussetzungen dafür mit, das Amt gut und gewissenhaft auszuüben«, ließ Grünen-Fraktionschefin Petra Budke verlauten. Ko-Fraktionschef Benjamin Raschke ergänzte: Was die Freien Wähler bezwecken, sei »nicht ganz sauber«.
Nötig sei in jedem Fall eine Zwei-Drittel-Mehrheit, bestätigte CDU-Politiker Redmann. Insofern benötigt die Koalition für ihren Kandidaten auch Stimmen der Linkspartei. Linksfraktionschef Sebastian Walter teilte mit, eine Entscheidung sei nicht gefallen. André von Ossowski ist ein guter Kandidat, »mit dem
wir uns treffen werden«. Nichtsdestotrotz würden beide Kandidaten in der
Linksfraktion angehört. Walter bestätigte, man habe in der Sache »Gespräche« geführt. »Eine Zusage gab es von unserer Seite nicht.«
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