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  • Konferenz »Migration steuern, Pluralität gestalten«

Boris Palmer in Frankfurt: Ein gern gesehener Gast

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer bestand auf einer Frankfurter Konferenz auf dem Aussprechen des »N-Worts«. Nun tun die Veranstalter entsetzt, dabei sind sie das Problem

  • Krsto Lazarević
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Freitag stellte der Chefredakteur der Frankfurter Rundschau ein Video auf Twitter, auf dem der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer und eine Gruppe junger Menschen sich auf dem Campus Westend in Frankfurt eine verbale Auseinandersetzung liefern. Palmer setzt vor einem Schwarzen Mann dazu an zu erklären, warum er das »N-Wort« verwendet, und spricht es dabei aus. Als Reaktion folgen »Nazis raus«-Rufe. Daraufhin sagt Palmer, ihn für die Verwendung eines rassistischen Begriffs zu verurteilen, sei »nichts anderes als der Judenstern«. Er sagt das nicht irgendwo, sondern auf dem ehemaligen Gelände von I.G. Farben, das heute die Goethe-Universität beherbergt. Er sagt es auf dem ehemaligen Gelände des Chemieunternehmens, das im Dritten Reich Zyklon B herstellte, Zwangsarbeiter ausbeutete und in Auschwitz III das erste privat finanzierte Konzentrationslager betrieb.

Palmers Relativierung der Judenverfolgung im Dritten Reich fand im Rahmen der Veranstaltung: »Migration steuern, Pluralität gestalten« statt, die vom »Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam« (FFGI) veranstaltet wurde. Gefördert durch die Hertie-Stiftung und unter der Schirmherrschaft des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU). Während der Veranstaltung selbst hat Boris Palmer das »N-Wort« dann ganze fünfmal in unter 45 Sekunden untergebracht. Es ist diese stumpf-infantile Lust am vermeintlichen Tabubruch, die den Tübinger Oberbürgermeister in den vergangenen Jahren zum bundesweiten Posterboy des »Man wird ja wohl noch sagen dürfen«-Rassismus machte.

Palmer rechtfertigte sich auf Facebook damit, dass sein Großvater Jude gewesen sei. Das kann jedoch kein überzeugendes Argument sein, wenn er sich allen Ernstes mit Jüdinnen und Juden im Dritten Reich gleichsetzt. Die für die Veranstaltung verantwortliche Professorin Susanne Schröter und das FFGI distanzierten sich später von Palmer. Allerdings hat Schröter während der Konferenz selbst nicht eingegriffen und sich auch erstmal nicht distanziert, als sie nach Palmers Ausfällen Medienbeiträge zur Konferenz auf Twitter verbreitete.  

Nun versuchen die Veranstalter, die gesamte Schuld auf Palmer zu schieben und schreiben auf ihrer Homepage: »Das FFGI distanziert sich aufs Schärfste von Boris Palmers Äußerungen. Er hat die sehr gute und differenzierte Tagung ›Migration steuern, Pluralität gestalten‹ schwer beschädigt. Sein Verhalten war absolut inakzeptabel.« Die Verantwortlichen haben also Boris Palmer eingeladen und zeigen sich nun entsetzt darüber, dass er sich verhalten hat wie Boris Palmer. Und damit nicht genug. Auf die »sehr gute und differenzierte Tagung« waren neben Palmer auch eine Lehrerin eingeladen, die mit der AfD gegen Muezzin-Rufe demonstrierte, ein muslimischer »Islamkritiker«, der anderen »Islamkritikern« bestätigt, dass sie Recht haben und ein Polizeigewerkschafter, der trotz systematischer Misshandlung von Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen und rechtlich fragwürdigen Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen die Meinung vertritt, dass zu wenig »Grenzschutz« stattfinde.

Mit Wissenschaft hat das wenig zu tun. Aber sehr viel damit, dass man Migration im Allgemeinen und »den Islam« im Besonderen problematisieren will. Das Hauptproblem ist daher nicht Boris Palmer – sondern dass unter dem Deckmantel der Forschung eine Veranstaltung mit rechten Influencern durchgeführt wurde. Die Dinge, die Palmer öffentlich gesagt hat, werden nach solchen Events sonst lieber im kleinen Kreis beim Bier kundgetan.

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