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Champions League: Manchester City mit Ehrfurcht vor Real Madrid
Der Rekordsieger geht mit seiner »Formel K« in das Halbfinale gegen Englands Meister
Es ist ein gewaltiges Projekt, das sich Real Madrid mit dem Umbau des Estadio Santiago Bernabéu zumutet. Immer mal wieder steigen Drohnen in die Luft, um der Öffentlichkeit den Fortschritt an der vielleicht prominentesten Baustelle der spanischen Hauptstadt zu demonstrieren. Neue Türme, ein neues Dach und eine neue Innenausstattung mitten im laufenden Spielbetrieb und inmitten einer Millionenstadt zu implantieren, ist beileibe kein Kinderspiel. Aber Vereinspräsident Florentino Pérez ist eben auch ein Bauunternehmer mit dem nötigen Kleingeld. Die Kosten für den Generalumbau haben sich bereits auf 800 Millionen Euro erhöht. Vielleicht kommt im Herbst heraus, wenn wirklich alles fertig ist, dass es auch eine Milliarde ist. Eine gigantische Investition, die sich an diesem Standort aber zu lohnen scheint.
Das Bernabéu ist der Ort, an dem speziell in der Champions League immer wieder Geschichte geschrieben wird. Und auch das Halbfinale gegen Manchester City am Dienstagabend soll wieder nur eine Zwischenstation sein, wie der mit königlicher Gelassenheit gesegnete Trainer Carlo Ancelotti nach dem Gewinn des Königspokals am Sonnabend sagte: »Wir bereiten uns in bester Stimmung auf City vor. Wir stehen kurz vor einem erneuten Finale und werden alles geben.« Obwohl die Klubs des vorweggenommenen Endspiels längst für denselben Anspruch und Aufwand stehen, hat Real den Henkelpott 14-mal geholt, während die Citizens bis heute vergeblich auf diese Trophäe in der Vitrine warten.
Irgendwas hat also Rekordsieger Real, was die anderen nicht haben. Protagonisten wie der 31-jährige Daniel Carvajal, der zwei Jahre ältere Toni Kroos, der 35-jährige Karim Benzema oder Luka Modrić mit 37 Jahren sind mit ihren fünf Champions-League-Triumphen noch nicht satt – weil sie mit dem sechsten Titel sogar Legende Alfredo di Stefano übertrumpfen könnten, der mit Madrid 1956 bis 1960 fünfmal in Folge den Europapokal der Landesmeister gewann. Reals neue Epoche begann 2014 in Lissabon, setzte sich 2016 in Mailand, 2017 in Cardiff und 2018 in Kiew sowie 2022 in Paris fort. Individuelle Klasse glänzte dabei jeweils im Kollektiv, um zweimal Stadtrivale Atlético, einmal Juventus Turin und zweimal den FC Liverpool in die Knie zu zwingen.
Cristiano Ronaldo warf sich zwar gerne in Pose, aber entschieden hat das Finale nie ein Einzelner. Insofern sind der spanische Dauerbrenner Carvajal, der deutsche Dirigent Kroos, der kroatische Alleskönner Modrić und der französische Ausnahmestürmer Benzema bis heute unverzichtbare Stützen, denen Ancelotti immer noch alles zutraut. Bei ihnen muss es mit der Champions League echte Liebe sein, die sich aus der Historie des stolzen Klubs mit implantierter Titelgarantie speist. Die Jüngeren wie Eduardo Camavinga oder Aurelio Tchouameni und bald vielleicht auch der Dortmunder Jude Bellingham profitieren von der Erfahrung und Hingabe der Älteren. Kunst, Kampf und Kopf ergeben die Zutaten für eine »Formel K« – um die Königsklasse zu gewinnen. Aufholjagden von epischer Tragweite kommen nur zustande, wenn in einem Ensemble die innere Überzeugung lebt.
Real verfügt in allen Mannschaftsteilen über Unterschiedsspieler, der Kader ist klüger komponiert als in vielen anderen großen Klubs, weil die Verjüngung eher behutsam, dann aber nachhaltig vollzogen wird. Der belgische Torwart Thibaut Courtois wird gerne unterschätzt, hat aber im Vorjahresfinale den überlegenen FC Liverpool zur Verzweiflung getrieben. Fede Valverde, der hochbegabte, schnelle Uruguayer, ist seit fünf Jahren im Klub – hat indes erst mit fast 25 eine tragende Rolle bekommen. Vorne scheint Vinicius Junior, dieser fantastische Brasilianer, aktuell von nichts und niemandem aufzuhalten. Sein an der Seite von Abwehrchef David Alaba gesetzter Landsmann Eder Militao eröffnet durch seine Sperre dem deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger eine Einsatzchance, was ein körperlich beeindruckendes Duell mit Erling Haaland ergeben könnte.
Ob auch Manchesters Tormaschine mal eine natürliche Grenze spürt? Die Titelträume seiner meisten Mitspieler zerschellten in der Vorsaison an den Comeback-Künstlern der Madrilenen, die zuvor schon Paris St. Germain und den FC Chelsea in Schlussphasen und Nachspielzeiten an den Rand des Wahnsinns getrieben hatten. Pep Guardiola wähnte seine Mannschaft nach einem 4:3 im Hinspiel und einer 1:0-Führung bereits mit fast zwei Beinen im Finale, als die 90. Minute anbrach. Ein später Doppelschlag des eingewechselten Rodrygo sollte das Bernabéu zum Beben und die Verlängerung bringen, wo sich dann doch wieder Real durchsetzte. »Wir treffen auf eine Weltklasse-Mannschaft, die es fast gewohnt ist, diese Trophäe oft zu gewinnen. Es wird brutal schwer«, warnt Manchesters Mittelfeldspieler Ilkay Gündoğan. Inwieweit dieses Trauma noch mitspielt, wenn der deutsche Kapitän die Skyblues aufs Feld führt, wird das spannende Gigantenduell auf der königlichen Großbaustelle zeigen.
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