Rassistischer Angriff in Hoyerswerda

Migranten bei Bildungsveranstaltung attackiert

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Dem »Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft« ist ein Bildungsprojekt gewidmet, das der Dachverband der Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland (DaMOst) ins Leben gerufen hat und in dessen Rahmen auch Bildungsfahrten stattfinden. Eine davon führte am Samstag nach Hoyerswerda – und endete in einem Vorfall, der zeigt, wie Zusammenleben nicht funktioniert: Die Gruppe der Teilnehmer, zu der auch migrantische Jugendliche gehörten, wurde aus dem Fenster eines Wohnhauses heraus mit einem Böller beworfen. Verletzt wurde niemand; es handele sich aber »eindeutig um eine rassistisch motivierte Tat«, heißt es in einer Erklärung von DaMOst und dem Dachverband sächsischer Migrantenorganisationen (DSM).

Die Bildungsfahrt führte mit Hoyerswerda in eine Stadt, in der es Anfang der 90er Jahre schwere ausländerfeindliche Ausschreitungen gegeben hatte. Ein Zeitzeuge, der die pogromartigen Übergriffe in seinem damaligen Wohnheim erlebt hatte, begleitete die Besucher bei dem Stadtrundgang. Über den Angriff sei er »fassungslos« gewesen, hieß es nun. Emiliano Chaimite, Co-Geschäftsführer des DSM, äußerte sich »entsetzt, dass auf einer Veranstaltung, die rassistische Gewalt in Sachsen thematisiert, ein erneuter rassistischer Angriff gegen Jugendliche und einen Zeitzeugen stattfindet«. Bisher habe Hoyerswerda als gutes Beispiel für den Umgang mit den ausländerfeindlichen Ausschreitungen gegolten, fügte er hinzu. »Mit diesem Anschlag wird viel Aufgearbeitetes zurückgeworfen.«

Nach Darstellung der Organisatioren wurde der Böller von zwei »weißen« Männern mittleren Alters aus dem offenen Fenster eines Wohnblocks geworfen, als die Gruppe vorbeilief. Sie hätten diese schon von Weitem beobachtet; kurz vor dem Angriff habe man die Worte »Jetzt, schnell, schnell« gehört. Der Böller verfehlte die Passanten und explodierte auf dem Gehsteig. Trotzdem habe »hohes Verletzungsrisiko« bestanden.

In der Erklärung werden Zivilgesellschaft, Politik, Polizei und Justiz aufgefordert, den Vorfall »lückenlos aufzuklären« und Ähnliches »in Zukunft zu verhindern«. Derlei rassistische Übergriffe müssten »mit allen Mitteln – rechtlich, moralisch und politisch – bekämpft werden«, sagte Ayman Qasarwa, Geschäftsführer von DaMOst. Sprecherin Nane Khachatryan, die mit in Hoyerswerda war und Augenzeugin des Vorfalls ist, sagte »nd«, dieser sei am Montag zur Anzeige gebracht worden. Zunächst habe man die Stadt »so schnell wie möglich« verlassen wollen: »Wir fühlten uns dort nicht mehr sicher.«

Die zuständige Polizeidirektion Görlitz bestätigte auf Anfrage, der Sachverhalt sei bekannt. Zu genauen Motiven und Hintergründen ermittle das Dezernat Staatsschutz. Dabei gehe es um den Verdacht der versuchten gefährlichen Körperverletzung sowie des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. »Zum aktuellen Stand können wir aus ermittlungstaktischen Gründen aktuell keine Angaben machen«, sagte eine Sprecherin.

Am Samstag war es auch zu einem rassistischen Übergriff in einer Jugendherberge in Brandenburg gekommen, bei dem Berliner Jugendliche überwiegend mit Migrationshintergrund rassistisch beleidigt und bedroht worden sein sollen. Dort hat der Staatsschutz Ermittlungen wegen Beleidigung, Volksverhetzung und Bedrohung aufgenommen.

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