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Freiburg im Pokalfinale gegen Wolfsburg: »Die Ultras fahren mit«
Interview: Birgit Bauer-Schick, Abteilungsleiterin beim Sport-Club, über den erfolgreichen Freiburger Weg im Fußball der Frauen.
Sie sind seit mehr als 30 Jahren beim SC Freiburg im Fußball der Frauen engagiert. Erinnern Sie sich noch, unter welchen Bedingungen alles angefangen hat?
Birgit Bauer-Schick ist als Abteilungsleiterin beim SC Freiburg eine Institution im Fußball der Frauen. Ihr Engagement geht bis zur Gründung im Jahr 1991 zurück, als sie als Spielerin sofort auch Aufgaben im Management übernahm, um Frauen und Mädchen beim Sport-Club eine Heimat zu geben. Unter ihr entstand eine der besten Talentschmieden des Landes, aus der immer wieder deutsche Nationalspielerinnen hervorgegangen sind. Im Interview spricht die 58-Jährige über den nicht immer leichten Freiburger Weg, den sie mit dem Erreichen des Pokalfinales gegen die Seriensiegerinnen vom VfL Wolfsburg aber bestätigt sieht, den Boom nach der Europameisterschaft in England und die Folgen eines möglichen TV-Blackouts bei der bevorstehenden WM in Australien und Neuseeland.
Manchmal denke ich auch, wie die Zeit vergeht. Zu Beginn war ich eher Betreuerin oder Teammanagerin, weil ich noch selbst gespielt habe. Als wir Anfang der 90er Jahre zum SC Freiburg zurückgekommen sind, haben wir auf einem Hartplatz vor dem Dreisamstadion trainiert und teilweise gespielt, auf dem vor den Bundesliga-Heimspielen der Männer die Autos geparkt haben. Danach waren wir sehr lange bei anderen Vereinen zu Gast, weil bei uns alles zu klein und zu wenig war. Heute haben wir überragende Bedingungen mit Kraftraum, Sauna, Besprechungsraum und einer kleinen Halle. Wir spielen gemeinsam mit der U23 im Dreisamstadion, haben dort einen eigenen Trainingsplatz. Früher mussten wir uns mit 20 Frauen in der Schiedsrichterkabine umziehen.
Bei vielen Frauen-Bundesligisten wird mittlerweile größer gedacht. Wäre Ihnen das alles auch ohne die Europameisterschaft in England angeboten worden?
Die EM war sicher ein Highlight, das von vielen in unserem Verein wahrgenommen wurde. Man hat gemerkt, was im Frauenfußball möglich sein kann. Dass wir aber ins Dreisamstadion ziehen, hat damit nichts zu tun – da war der Neubau des Männerstadions der Katalysator. Aber wir hatten gerade im Heimspiel gegen Werder Bremen wieder mehr als 2000, gegen Bayern 6300 Zuschauer – das hat es früher nicht gegeben. Es geht aufwärts.
Bei jener EM haben Nationalspielerinnen wie Sara Däbritz, Lina Magull, Klara Bühl, Giulia Gwinn und Merle Frohms geglänzt, die alle durch die Freiburger Fußballschule gegangen sind. Sind Sie dann eher stolz oder wehmütig?
Ich war ja selbst in England und einerseits megastolz, andererseits aber auch traurig, wenn es dann hieß, Klara Bühl oder Giulia Gwinn vom FC Bayern hätten überragend gespielt. Wir waren und werden aber wohl auch langfristig nicht in der Lage sein, die richtig guten Spielerinnen an den SC Freiburg zu binden. Wenn eine den Schritt machen will, können wir nicht viel tun, obwohl wir eine so gute Infrastruktur haben.
Wenn also Bayern München oder der VfL Wolfsburg bei Spielerinnen oder Beratern anrufen, haben Sie keine Chance mehr?
Momentan ist Ruhe. Aber wenn Bayern oder Wolfsburg Angebote machen, können wir finanziell einfach nicht mithalten.
Oft laufen die Verträge der Spielerinnen aus, die dann, wie Katharina Naschenweng von der TSG Hoffenheim, den Verantwortlichen unter Tränen gestehen, dass sie beispielsweise bereits beim FC Bayern unterschrieben haben. Müssten nicht häufiger auch Ablösesummen fließen, damit es wenigstens eine Entschädigung für die Ausbildungsvereine gibt?
Dass wir für unsere Spielerinnen immer leer ausgegangen sind, stimmt nicht (lacht). Natürlich ist es immer schade, wenn man als Verein Spielerinnen ausbildet – und dann Bayern, Wolfsburg und mittlerweile auch Eintracht Frankfurt kommen. Die TSG Hoffenheim trifft es jetzt mit den Abgängen – wie beispielsweise auch bei der nach Wolfsburg wechselnden Chantal Hagel, die übrigens aus unserer Jugend kam – auf einem etwas höheren Niveau genauso wie uns in Freiburg.
Sind bei Ihnen eigentlich alle Bundesliga-Fußballerinnen schon Profis?
Nein. Einige Spielerinnen machen gerne auch noch etwas anderes, damit sie nicht nur den Fußball im Kopf haben. Und auch eine Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg kann nicht die restlichen Jahre von ihrem Gehalt leben. Wir können hier alles verbinden: In Freiburg kann man gut studieren, leben und Fußball spielen. Und wir haben mit der Uni ein sehr gutes Verhältnis: Wenn wir morgens um 10 und nachmittags um 15 Uhr trainieren, bauen sich unsere Spielerinnen ihren Tagesplan drumherum. Frauen sind vielleicht belastbarer als Männer (lacht).
Wie wichtig ist es, dass der SC Freiburg auf einer so großen Bühne wie im DFB-Pokalfinale am Donnerstag gegen den VfL Wolfsburg auftaucht?
Das ist für alle ein überragendes Ereignis, nach dem jede Fußballerin strebt. Der kleine SC Freiburg darf es mit seinen Frauen immerhin das zweite Mal in fünf Jahren erleben. Während der VfL Wolfsburg ein Dauerabo in Köln hat, ist es für uns was ganz Besonderes.
Und das mit mehr als 40 000 verkauften Karten vor einer Rekordkulisse.
Das ist mega. Unser Kontingent von mehr als 2000 Karten war in kürzester Zeit ausverkauft. Auch die Ultras fahren mit nach Köln und planen sogar eine Choreografie. Es wäre doch toll, wenn in Zukunft das Stadion in Köln zum Frauen-Endspiel genauso schnell ausverkauft ist, wie in Berlin das Männer-Finale – völlig egal, wer spielt. Wir freuen uns abartig darauf, dass wir ein Teil davon sein können, auch wenn wir uns bewusst sind, wer unser Gegner ist – wobei uns Wolfsburg ein bisschen besser liegt als München.
Sehen Sie eine Chance, die nun schon acht Jahre andauernde Siegesserie der Wolfsburgerinnen im DFB-Pokal zu stoppen?
Es gibt doch eine schöne Redewendung: »Du hast keine Chance, also nutze sie!« Daran wollen wir uns halten. Wir werden alles reinwerfen, was geht – und wollen es trotzdem genießen. Aber uns fehlt ein wenig das Selbstverständnis aus der Hinrunde. Klar ist: Unser Finalgegner Wolfsburg darf keinen guten Tag haben, wir brauchen einen überragenden.
Axel Hellman, Chef von Eintracht Frankfurt und Interimsboss der DFL, hat gesagt, dass die Dominanz von Wolfsburg und Bayern dem Produkt Frauen-Bundesliga schade. Was sagen Sie?
Im Männerfußball haben wir mit Bayern München dasselbe Problem, weil der Verein immer Deutscher Meister wird. Grundsätzlich stimme ich zu, aber eine Lösung habe ich ad hoc auch nicht. Es wäre natürlich schöner für den Frauenfußball, wenn fünf, sechs Teams um den Titel spielen würden.
Zukunftsmodelle des DFB sehen vor, dass in einigen Jahren jeder zweite Deutsche Interesse am Fußball der Frauen hat, 500 000 Spielerinnen aktiv sind, 60 Bundesligaspiele vor mehr als 10 000 Fans stattfinden und 16 DFL-Klubs in der Liga spielen.
Es ist sicherlich noch nicht ausgereizt. Daher ist wichtig, dass wir uns Ziele setzen – aber ich weiß nicht, ob das wirklich realistisch ist. Wir werden kontinuierlich wachsen, aber ich bin gespannt, was aus einem Ausbildungsverein wie der SGS Essen wird, nachdem jetzt Turbine Potsdam aus der Bundesliga abgestiegen ist. Für Vereine wie uns sehe ich das Problem, dass der Kampf um die jungen Spielerinnen immer heftiger wird. Wir können immer häufiger nicht mehr mithalten, wenn Wolfsburg, Bayern, Frankfurt oder Hoffenheim dran sind. Und da geht es mittlerweile nicht mehr nur um die Toptalente.
Der Boom im Fußball der Frauen könnte konterkariert werden, wenn sich ARD und ZDF auf der einen Seite und der Weltverband Fifa auf der anderen Seite nicht über die TV-Rechte zur Frauen-WM in Australien und Neuseeland einigen. Was würde ein »Blackout« bedeuten?
Das ist ein Unding! Natürlich sind die Übertragungszeiten am Vormittag unglücklich, aber zu einem »Blackout« darf es nicht kommen. Da muss es eine Lösung zwischen den Sendern und der Fifa geben.
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